Ungewohnte Sachen halten einen auf Trab

Interview mit Blood Red Shoes

Einen Tag nach dem speziellen Showcase in Lausanne trafen wir Laura-Mary Carter und Steven Ansell von Blood Red Shoes in Zürich zum Interview. Dabei trugen beide keine roten Schuhe.

  

Habt ihr gewusst, dass es eine Schweizer Band gibt, die Red Shoes heisst?

 

Steven: Ja! Wir haben mal auf einem Festival von ihnen gehört. Ich weiss nichts von ihnen, aber ich habe den Namen ganz sicher bereits gehört. 

Laura-Mary: Das letzte Mal, als wir hier waren, hat mir jemand von ihnen erzählt. Ich weiss, dass es eine kleinere lokale Band ist.

 

Ich habe gelesen, dass ihr euch gerne andere Bands anschaut. Gestern habt ihr in Lausanne am Showcase gespielt und die Gewinner der letztjährigen Demotape Clinic haben ebenfalls gespielt. Hattet ihr Zeit, euch diese Konzerte anzuschauen?

 

Steven: Ich habe einen Teil von Wolfman gesehen und von Nadine Carina.

 

Laura-Mary: Ich habe die Soundchecks der Bands gesehen.

 

Wie mochtet ihr die Bands und welche hat laut euch das grösste Potential?

 

Steven: Das kann ich nicht beantworten. Ich habe schon viele Bands gesehen und gesagt, «das ist echt schlecht!“, und die wurden dann eine extrem grosse Nummer. Ich bin also ein sehr schlechter Beurteiler des Potentials. Nadine Carina war cool, in dem was sie gemacht hat. Wolfman mochte ich nicht allzu sehr. Es ist zwar cool, aber halt nicht mein Ding.

 

Für das neue Album habt ihr in verschiedenen Städten auf Stickern QR Codes verteilt, mit denen man Preise gewinnen konnte. Was war der verrückteste Preis, den man gewinnen konnte? 

Steven: Wir haben bei jemandem zu Hause gespielt. Das war echt cool! Wir haben das bloss 24 Stunden zuvor angekündigt. 

Laura-Mary: Der Raum war auch extrem klein! 

 

Laura-Mary: Ich denke, alles beeinflusst uns, aber die Berlin hatte sicherlich einen Einfluss darauf, wie das Album klingt.

 

 

Waren solche Codes eigentlich auch in der Schweiz zu finden?

 

Laura-Mary: Nein, das hatten wir nicht. Wir mussten weltweit zehn Städte wählen. Es gab in Indonesien, Mexico, Russland und sonst noch einige Orte. Deshalb konnten wir das nicht in so vielen Städten machen. Tut mir leid, dass es hier keine gab.

 

Steven: Laura-Mary wollte 20 Städte machen aber als wir diese Idee vorgeschlagen haben, sagten alle, dass es zu kompliziert würde und wir bloss zehn Städte machen sollten. Denn je mehr Städte man hatte, desto grösser war die Chance, dass es in die Hose ging. Deshalb war zehn das Maximum an Städten.

 

Mit der «Water EP» habt ihr zum ersten Mal ausserhalb der UK aufgenommen. Das aktuelle Album «Blood Red Shoes» habt ihr in Berlin aufgenommen. War es sehr anders für euch, ausserhalb der UK aufzunehmen?

 

Laura-Mary: Es hat enorm viel Spass gemacht. Aber das ist eigentlich immer so, dass Dinge exotischer sind und mehr Spass machen, als an den Orten, an denen man immer ist. Man wird gelangweilt, wenn man immer dieselben Gesichter sieht. Musik an einem anderen Ort zu machen ist produktiver. 

Steven: Man fühlt sich dabei lebendiger. Ungewohnte Sachen halten einen auf Trab.

 

Wurde es langweilig am Meer in Brighton?

Steven: Ja, aber wir haben die Alben nicht in Brighton aufgenommen. Wir haben sie bloss dort geschrieben. Etwas sehr wichtiges, das wir bei diesem Album gemacht haben, war, dass wir die Songs an einem anderen Ort geschrieben haben und auch aufgenommen. Bei der «Water EP» haben wir einen Teil in England gemacht und sie dann in Dallas fertig gestellt und aufgenommen. Bei dem Album jetzt haben wir ein paar wenige Teile in England geschrieben. Aber das meiste haben wir dann in Berlin geschrieben und aufgenommen. Es war uns wichtig an einem anderen Ort zu sein, sowohl beim Schreiben als auch beim Aufnehmen, weil man anders denkt und andere Sachen fühlt. Alles was man von der Umgebung absorbiert, kommt in die Musik. Das war sehr wichtig für uns! Und ja, wir waren auch gelangweilt von England! Wir hätten überallhin gehen können und wären glücklich gewesen. 

Berlin hat euch also ziemlich beeinflusst?

 

Laura-Mary: Ja, das hat es. Ich denke, alles beeinflusst uns, aber die Stadt hatte sicherlich einen Einfluss darauf, wie das Album klingt. Speziell denke ich schon nur an den Raum, in dem wir waren.

 

Steven: Ja, man hört die betonierten Wände heraus.

 

Laura-Mary: Das hat wohl dazu geführt, dass es eine raue Platte wurde und aggressiver ist als unsere vorherigen Alben. Das hatte etwas mit der Stadt zu tun, mit der Härte von Berlin.

 

Steven: Es ist ein sandiger Ort. Es ist ziemlich gemein und viele Gebäude sind sehr industriell, hart und rau, wie in Kreuzberg, wo wir waren. Es ist auf jeden Fall ein harter und rauer Ton in dieser Platte – mehr als auf den anderen. Und das kam teilweise vom Umfeld, in dem wir waren. 

War es die musikalische Geschichte Berlins mit Iggy Pop, David Bowie oder U2, weshalb ihr Berlin gewählt habt?

 

Laura-Mary: Ja, Iggy Pop ist einer von Stevens Helden. Aber ich denke, das ist bloss auf einer oberflächlichen Ebene ein Grund. Wir brauchten eine Grossstadt, in der wir Raum hatten und laut sein konnten und Berlin schien da zu passen. Wir haben auch ein paar andere Städte angeschaut, aber Berlin war die eine, in die wir zurückgekommen sind. 

 

Steven: Wir haben nicht einfach gesagt, dass wir das Album in Berlin machen müssen. Wir haben einige Orte angeschaut und ich denke Berlin war immer unsere Nummer eins. Jedoch waren wir nicht sicher, aber es war der Ort, in dem man am einfachsten einen grossen leeren Raum finden und Krach machen konnte, wann immer man wollte. Deshalb haben wir es dort versucht und es lief gut – darum sind wir geblieben. Das war der Punkt, an dem wir uns in Berlin verliebt haben. 

Das erste Mal habt ihr ein Album selbst produziert. War es schwierig für euch oder hattet ihr bereits Erfahrungen damit?

 

Steven: Unsere ersten Singles haben wir bereits selbst produziert. Diese klingen zwar ziemlich schlicht, aber wir haben sie selbst produziert in 2006 oder so. Die ganze Zeit haben wir von Mike Crossey gelernt, der unsere ersten drei Alben produziert hat. Wenn wir lernen wollten, wie etwas im Studio funktioniert, dann war er immer hilfsbereit und hat es uns gezeigt. Wir haben dann immer noch sehr viel gelernt, als wir es produziert haben, jedoch war es nicht so, dass wir bei Null angefangen haben.

 

 

Steven: Als Menü hätte das neue Album auf jeden Fall viel Steak drauf! Also Steak mit scharfer Sauce.

 

 

Ihr spielt grosse Konzerte, aber auch Wohnzimmerkonzerte. Was bevorzugt ihr?

 

Laura-Mary: Auf jeden Fall grosse Konzerte! Aber auch das Wohnzimmerkonzert machte grossen Spass, jedoch wegen anderer Gründe. 

Steven: Oh ja, ich habe diese Show geliebt!

 

Laura-Mary: Wir wollen für so viele Leute wie möglich spielen. Manchmal fühlt es sich bei grossen Konzerten nicht so spassig an, aber manchmal kann es auch grossartig sein!

 

Steven: Das ist nur ein Mythos von „grosse gegen kleine Shows“. Das ist Mist! Man kann eine grossartige Show haben, wenn man für tausende Leute spielt. Und wenn alles stimmt, dann ist es unglaublich! Man kann auch eine kleine Show für 80 Leute spielen und jeder denkt automatisch, dass dies besser sei. Aber manchmal ist es auch bei 80 Leuten scheisse! Das ist ein Rock’n’Roll-Mythos, wie das, was man lieber mag: Platten aufnehmen oder Live zu spielen – beides ist grossartig und sind Teil desselben Dings. Es ist halt einfach ein anderer Bereich!

 

Aber wird es mal wieder solche Wohnzimmerkonzerte geben?

 

Laura-Mary: Das war auf eine Art ein Geschenk für die Person, die diesen Code gefunden hat. 

Steven: Das wir dies nochmals machen ist auf jeden Fall nicht unmöglich, aber wir planen keine Wohnzimmerkonzert-Tour. Das wäre wohl etwas schwierig und wir würden dabei wohl pleite gehen (lacht).

 

Kürzlich wart ihr auf dem Titelbild des Visions Magazin mit Gemüse und Brot – wie würdet ihr das neue Album «Blood Red Shoes» als Menü beschreiben?

 

(Beide schauen sich ganz genau das Cover des Visions an).

 

Beide: Oh Gott, das haben wir noch nicht mal gesehen!

 

Steven: Evil Laura! Als Menü hätte das neue Album auf jeden Fall viel Steak drauf! Also Steak mit scharfer Sauce.

 

Also kein Gemüse?

 

Steven: Nein, Gemüse wäre da wahrscheinlich nicht dabei.

 

Laura-Mary: Ich würde es als Steak mit Senf beschreiben. Zur Vorspeise wäre eine pikante Suppe und zum Dessert auf jeden Fall Tiramisù!

 

Blood Red Shoes - «The Perfect Mess»

Hansjürg Stämpfli / Sa, 12. Apr 2014