Bittersweet Symphony
Lange, sehr lange durften wir auf «No Time to Die» warten. Hat sich das Warten gelohnt? Die Antwort lautet: Nein. Und dies, obwohl die ersten 20 Minuten rasante Action und schöne Story-Wendungen beinhalten. Nach den ein wenig an «Planet der Affen» erinnernden Opening Titles mit Statuen im Sand, folgen wir Bond auf seinem gefühlt tausendsten Versuch, endlich Ruhe im Rentendasein zu finden. Doch dies klappt nicht, auch wenn seine Nachfolgerin Nomi, eine junge People-of-Color-Dame, seine 007 bei MI6 geerbt hat. Aber wie sonst immer in Bond Filmen, bringen die Frauen halt nichts selber auf die Reihe, so dass Bond wieder aktiv wird und in einen 007-Wettschtreit mit Nomi gerät.
Neben Nomi erhält Bond auch Unterstützung von einer jungen aufstrebenden Agentin, gespielt von Ana De Arma. Diese überzeugt auf ganzer Linie, weil sie zum allerersten Mal überhaupt als Frau in einem Bond Film lustig ist. Natürlich besitzt De Arma ein sexy verführerisches Äusseres, aber es ist ihr Komödie-Talent, das den Zuschauern in Erinnerung bleiben wird. Diese erfrischende Brise könnte Phoebe Waller Bridge zu verdanken sein, welche am Drehbuch mitschrieb. Das Script besitzt definitv ein paar sehr gute Witze, die hervorragend funktionieren und für kurze Zeit den Eindruck erwecken, der Film und vor allem Bond, nehme sich nicht zu ernst. Aber leider ist die Hoffnung vergebens, spätestens dann, wenn nach weiteren drastischen Wendungen, ganz im Stil von lateinamerikanischen Seifenopern, Bond gefangen wird in einem Melodrama. Dieses könnte zum Teil funktionieren, wäre da aber nicht zugleich die komplett inexistente Chemie zwischen Bond-Darsteller Daniel Craig und Léa Seydoux, die dessen (Ex)-Freundin spielt.
«No Time to Die» möchte vieles sein. Lustig, tiefgründig, gefühlsbetont, ja auch modern und unverfroren (insbesondere was das Ende anbelangt). Der Film scheitert aber kläglich an seinen Ambitionen. Der Film erinnert an ein Ratatouille aus wiedererwährmten Ideen aus den 90ern, sei es «Armageddon» oder passend zur Schlussszene «Eiskalte Engel». Und last but not least, die Line «I know» gehört zu Han Solo / Harrison Ford. Was sich die Drehbuchautoren dabei dachten ausgerechnet diese Line nicht einmal, sondern grad doppelt (!) Craig vorzugeben, bleibt vielleicht das letzte grosse Bond-Geheimnis.
Viel Herz, noch viel mehr Schmerz: der letzte Daniel-Craig-Bond scheitert. Leider.
- No Time To Die (US/UK 2020)
- Regie: Cary Joji Fukunaga
- Besetzung: Daniel Craig, Naomie Harris, Ben Whishaw, Ralph Fiennes, Rory Kinnear, Léa Seydoux, Jeffrey Wright, Ana de Armas, Rami Malek, Christoph Waltz
- Laufzeit: 163 Minuten
- Kinostart: 30. September 2020