NIFFF 2021: Diversität in der Welt des Horrors

Review NIFFF 2021
Bildquelle: 
www.nifff.ch

Nach einer coronabedingten, rein virtuellen NIFFF-Ausgabe im 2020, kehrte 2021 ein wenig Normalität nach Neuchâtel zurück. Die hybride Variante lockte diesen Juli 26‘500 physisch und 2‘000 virtuell anwesende Zuschauende an. Die Kinos waren - trotz EM und einigen sonnigen Tagen - voll. Überrascht hat uns dies nicht, denn die Vielfalt der Filme war so gross wie lange nicht mehr. Welche Filme uns überzeugt haben und welche wir lieber wieder vergessen würden, erfahrt ihr hier:

 

CENSOR (2021)

Unser absoluter Favorit! Es ist 1985, die Film-Zensur hat Hochkonjunktur. Eine Zensorin entdeckt in einem der Low Budget-Horrorfilme ihre seit Jahren verschollene Schwester wieder. Die Plot-Idee, die Atmosphäre, das Produktionsdesign, das Ensemble, der Debutspielfilm von Filmemacherin Prano Bailey-Bond triumphiert auf allen Ebenen! Wir sind sehr gespannt auf ihr nächstes Werk.

 

BEYOND THE INFINITE 2 MINUTES (2020)

Unser Überraschungshit! Zeitreisen per Videocall! Japanischer Cafébesitzer entdeckt, dass die Videoübertragung zwischen Café und Wohnung 2 Minuten Verzögerung hat, d.h. die Aufnahmen im Café bieten einen Einblick, was 2 Minuten in der Zukunft passieren wird. Klingt nicht spannend? Ist es aber und unheimlich originell und kreativ obendrein! Der Film ist so geschnitten, dass der Schnitt nicht erkenntlich wird und man sich so in einem irrsinigen endlosen Loop befindet.

 

WILD MEN (2021)

Mid Life Crisis auf die dänische Art. Um seine verloren geglaubte Männlichkeit wiederzuerlengen, zieht Stubenhocker in die Wildnis, um in einen Drogendeal mitsamt Polizeiverfolgung zu geraten. Bissig, zynisch, sentimental, tiefgründig, die dänische Antwort auf die Coen Brüder.

 

THE BOYS FROM COUNTY HELL (2021)

Dracula stammt – glaubt man diesem Film – ursprünglich aus Irland. Aufgrund von Bauarbeiten wird dessen Grab zerstört und der Blutsauger macht sich auf zu neuen Opfern. Gore, Slapstick und eine grosse Portion irischer Humor machen diese Horror-Komödie sehr sehenswert.

 

A GLINCH IN THE MATRIX (2021)

Verstörrender Film der sich mit der Verschwörungstheorie (und deren Anhänger) befasst, die davon ausgeht, dass wir alle in einer Art Matrix-Simulation leben und nichts wirklich real ist. Selten brauchte man nach einer Filmvorführung dringender ein kühles, beruhingendes Bier.

 

OK! MADAM (2021)

Eine ehemalige nordkoreanische Geheimagentin möchte beschauliche Ferien mit ihrer Familie in Hawaii verbringen. Da wird ihr Flug von Terroristen entführt und sie muss erneut auf ihre längst abgelegten Skills zurückgreifen. Der Feel-Good Movie des Festivals! Überzeugende Handlung, viel Humor, schön entwickelte Nebenfiguren und gute Action! Gewann sehr verdient den Publikumspreis im asiatischen Filmwettbewerb!

 

TIDES (2021)

Der Film heimste den Produktiondesign- und den RTS Publikumspreis ein, überzeugen konnte er uns trotzdem nicht. Einmal mehr nimmt uns der Schweizer Filmemacher Tim Fehlbaum mit in eine Sci-Fi-Dystopie, wie bei seinem Erstling «Hell». Wirklich viel Neues bekommen wir nicht zu sehen. Der Film bietet lediglich eine recyclete Show bekannter Themen, die in anderen Filmen wie «Children of Men» oder «Pocahontas» besser umgesetzt wurden. Und wie kann ein zu 90% aus CGI bestehender Film bestes Produktionsdesign gewinnen? Das wahre Mysterium des diesjährigen NIFFFs.

 

MARYGOROUND (2021)

Der Film erzählt die Geschichte einer Lebensmittelverkäuferin, die aufgrund der eintretender Wechseljahre eine Hormontherapie beginnt und plötzlich von sexuellen Gelüsten überfallen wird. Der Clou: sie ist sehr gläubig und noch Jungfrau. Die Prämisse klingt recht lustig, aber NIFFF-Jurymitglied Daria Woszek holt sehr wenig heraus. Zu lang sind alle träumerischen Einstellungen und zu verklemmt die Entfaltung der Story. Mary’s Gefühlsrausch liess uns kalt.

 

Mehr zum NIFFF auf der Festivalwebsite

 

Tanja Lipak / Do, 15. Jul 2021