Immer wieder schön – das Southside Festival
Wenn Mitte Juni beim Flughafen in der 6500-Seelen-Gemeinde Neuhausen ob Eck wieder die Zelte aus dem Boden spriessen und das zehnfache der Einwohneranzahl zu Besuch kommt, dann weiss man, dass das Southside Festival bevorsteht. Auch in diesem Jahr sorgten rund 100 Bands und DJs für ein intensives Wochenende – intensiv deshalb, weil es bei den zwei Freiluft- und zwei Zeltbühnen nahezu unmöglich war, schon nur die Hälfte aller Konzerte zu sehen. Konzerthopping bietet sich jedoch bei der Nähe der einzelnen Bühnen perfekt an, damit man so viele Acts wie möglich schauen kann.
Freitag:
In ihrer Heimat sind Dispatch eine grosse Nummer und haben beispielsweise bereits den Madison Square Garden in New York mehrfach gefüllt. In Europa hingegen spielen sie eher in kleineren Clubs und waren deshalb auch zu früher Stunde am Southside zu sehen. Mit ihrem von World Music angehauchtem Sound sorgten sie für einen perfekten Start ins heisse Wochenende. Wir haben Dispatch übrigens kurz vor dem Southside zum Interview getroffen.
Dispatch mit Chad am Bass (Quelle: Facebook Southside / © Matthias Rhomberg)
Schlag auf Schlag ging es weiter mit den Durchstartern von London Grammar, die mit dem Cover von Kavinskys «Nightcall» einen Hit landeten, diesen bei ihrem Auftritt jedoch nicht spielten. Dies wurde jedoch durch Kavinsky, der am selben Abend einen Auftritt im Zelt hatte, noch mit dem Original nachgeholt.
Bands wie die White Lies, Franz Ferdinand, The Black Keys und Seeed beeindruckten das Publikum zudem mit hitgespickten Setlists und liessen das Publikum zu unterschiedlicher Musik feiern. Zum Abschluss des Abends standen Fettes Brot auf der Bühne, die mit einem Song zu Macklemore & Ryan Lewis’ «Thrift Shop»-Beat bereits auf den einen Headliner des nächsten Tages einstimmten. Auch Seeed stimmten das Publikum kurz zuvor auf einen Act des nächsten Tages ein und zwar mit «Harlem Shake» von Baauer.
Samstag:
Schon als man sich gegen 12 Uhr auf den Weg zum Festivalgelände begab, wurde klar, was der Dresscode des Tages sein sollte: ein Deutschland-Trikot (oftmals kombiniert mit einem leichten Sonnenbrand im Gesicht). Die Deutschen hatten am Abend ihr Spiel gegen Ghana vor sich, jedoch gab es in diesem Jahr keine Übertragungen der Spiele von der Fussballweltmeisterschaft in Brasilien, sollte doch am Southside die Musik im Mittelpunkt stehen und nicht der Fussball. Die Kanadier Fucked Up zeigten, dass sie ihrem Namen alle Ehre machten – zumindest der Sänger Damian Abraham. Während die Band eher zurückhaltend an ihren Instrumenten spielte, begab sich Damian fast während des ganzen Konzerts immer wieder in die Menschenmenge und zeigte trotz sehr aggressiver Musik keine Berührungsängste und knuddelte mit dem Publikum.
Super Wetter, tolle Fans, grossartige Bands. Was will man mehr? (Quelle: Facebook Southside / © Matthias Rhomberg)
Beim Senkrechtstarter George Ezra war das Zelt bereits am frühen Nachmittag an der Kapazitätsgrenze angelangt und viele mussten sein Konzert draussen auf den Bildschirmen mitverfolgen. Mit Blood Red Shoes befanden sich Stammgäste auf der Southside-Bühne, spielte das Englische Duo doch bereits zum fünften Mal am Southside. Die Sängerin Laura-Mary Carter hat uns beim Interview am m4music Festival gesagt, dass sie es liebt, an Openairs zu spielen. Das merkte man dem Duo auch punkto Spielfreude durchaus an.
Für einen ersten Höhepunkt sorgten Elbow. Dieses Konzert war einfach nur schön und alles hat gepasst – angefangen bei der Stimmung über die schönen Songs bis zum charismatischen und sympathischen Sänger Guy Garvey. Elbow werden auch im August in der Schweiz an den Musikfestwochen in Winterthur auftreten und das sollte man auf keinen Fall verpassen.
Als Highlight des Festivalwochenendes sorgten die Kanadier von Arcade Fire für eine grandiose Show. Aufgrund nicht allzu positiver Erfahrungen der Band in der Schweiz, geben sie auf der aktuellen Tour keine Konzerte im Alpenland, weshalb sich ein Besuch des naheliegenden Southside nur schon deshalb gelohnt hat. Da gleichzeitig die beiden Chartstürmer Casper und anschliessend Macklemore & Ryan Lewis auf der anderen Bühne spielten, blieb es während dem ganzen Konzert sehr angenehm, was die Menschenmasse vor der Bühne betraf. Bei der Zugabe von Arcade Fire kam auch David Bowie noch auf die Bühne – zwar nicht persönlich, aber als Projektion auf einem Würfel. Haben doch Arcade Fire und David Bowie eine gemeinsame Bühnen-Vergangenheit und auch beim neusten Album ist die Musiklegende Bowie als Gast bei «Reflektor» vertreten. David Bowie und das Southside haben auch eine gemeinsame, wenn auch weniger positive Vergangenheit. Er erlitt 2004 nach dem Auftritt beim Zwillingsfestival Hurricane einen Herzinfarkt erlitten und musste seinen Auftritt tags darauf am Southside absagen. Seither hat er keine Konzerte mehr gegeben. Zu der deutschen Version von «Heroes» ist er somit zehn Jahre nach seiner Bühnenabstinenz indirekt durch Arcade Fire doch noch am Southside Festival aufgetreten.
Arcade Fire haben gegen Casper verloren. Toll waren sie trotzdem. (Quelle: Facebook Southside / © Matthias Rhomberg)
Wo die ganze Menschenmasse bei Arcade Fire blieb, sollte sich auf dem Weg zur zweiten grossen Bühne zeigen, die durch Macklemore & Ryan Lewis bespielt wurde. Ein Durchkommen zwischen den Leuten war nahezu unmöglich. Bereits im Jahr zuvor haben sie das Southside bespielt. Damals jedoch noch am frühen Nachmittag. Immer wieder erstaunlich, wie schnell sich ein Act in kurzer Zeit zum Headliner entwickeln kann. Übrigens: beim Spiel von Deutschland gegen Ghana hat es ein 2:2 Remis gegeben. Den Spielstand gab Win Butler während des Konzerts von Arcade Fire durch, damit das Publikum doch zwischendurch nicht nur an Musik dachte, sondern auch mal vom Fussball abgelenkt wurde.
Sonntag:
Wer den letzten Festivaltag ruhig starten wollte, der begab sich besser nicht auf das Festivalgelände. Denn Dillinger Escape Plan starteten mit komplexem Mathcore in den Tag, zwar etwas verspätet, da die Bühne noch für den Tagesheadliner Volbeat eingerichtet werden musste, jedoch wild, wie man es von ihnen erwartet hat. Verschnaufen konnte man im Anschluss bei To Kill A King, die etwas ruhigere Töne anstimmten und auch von Bastille Unterstützung bekamen, die später wiederum von To Kill A King bei ihrem Konzert unterstützt wurden. Gastauftritte waren beim diesjährigen Southside sowieso keine Seltenheit. Bereits am Tag zuvor kam Thees Uhlmann zu Casper auf die Bühne, auch bei Kraftklub gab es später überraschende Featurings durch K.I.Z. und Casper. Ebenfalls durften die Donots und die Dropkick Murphys Folk-Punk-Legende Chuck Ragan als Gast begrüssen.
Die Indie-Urgesteine Pixies, bei denen im letzten Jahr Kim Deal ausgestiegen ist und die nun von «A Perfect Circle»-Gründungsmitglied Paz Lenchantin am Bass unterstützt werden, stellten bei ihrem Auftritt zwei Songs vom neusten Album «Indie Cindy» vor, der Rest der Setlist wurde durch Klassiker wie «Where is my Mind» oder «Gouge Away» gefüllt.
Auch Interpol stellten ihr neustes Album vor, das im Gegensatz zum neusten Wurf der Pixies noch nicht erschienen ist. Die Adrett gekleidete Truppe rund um Frontmann Paul Banks liess es sich nicht nehmen, bereits einige Songs des im September erscheinenden Albums «El Pintor» zu spielen.
Eine Legende am Southside. The Pixies. (Quelle: Facebook Southside / © Matthias Rhomberg)
Nach 2009 stand die Britin Lily Allen wieder auf den Bühnen des Southside. 2009 hatte sie ihren Auftritt noch am Nachmittag in einem nicht ganz nüchternen Zustand, bei dem sie fast pausenlos eine Zigarette in der Hand hielt. Beim diesjährigen Auftritt hatte die mittlerweile zweifache Mutter die Bühne mit überdimensionalen Babyflaschen dekoriert und wirkte nüchtern. Die Zigarette konnte sie zwar auch diesmal nicht ganz sein lassen, jedoch zog sie an einer E-Zigarette.
Für den Abschluss des gelungenen Festival-Wochenendes sorgten die Dänen von Volbeat mit einer wilden Show, bei der die Besucher, die noch geblieben sind, ihre letzten Energiereserven abbauen konnten.
Bereits kann man wieder Tickets für die nächstjährige Ausgabe des Southside Festivals kaufen. Dank der grossen Anzahl und abwechslungsreichen Bands, die spielen werden, kann man davon ausgehen, dass für alle etwas dabei sein wird. Wir freuen uns bereits jetzt auf das Wochenende vom 19. bis 21. Juni 2015!