Joss Stone und die Sonnenblumen am Blue Balls

Konzertkritik: Joss Stone am Blue Balls
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Bäckstage / © Sandra Rohrer

Es ist kurz vor Mitternacht als Joss Stone mit dem Klassiker «Right To Be Wrong» ihren Auftritt am Blue Balls mit einer Geste beendet, die inzwischen schon zur Tradition geworden ist: sie verteil Sonnenblumen an die Menschen. Zumindest an jene, die bis zum Schluss geblieben sind. Aber dazu später mehr. 

 

Rund zwei Stunden vorher betrat die Britin gemeinsam mit einer achtköpfigen Band die Bühne. Offenbar hat Joss Stone ihre Rhythmus-Truppe um zwei Backing Vocals, einen Trompeter sowie einen Querflötisten erweitert. Vor allem die zusätzlichen Stimmen waren ein akustischer Gewinn. Mit dem ersten Song des Debüts «The Soul Sessions» eröffnete Joss das Konzert und schon «The Chokin‘ Kind» zeigte ihre bemerkenswerte Stimme, warm und stark wie eh und je. Dazu legte der Lichttechniker so richtig los und setzte die Band ins ideale Licht. 

 

Im langen Blumenkleid und gewellten blonden Haaren und natürlich ohne Schuhe, stand die 32-jährige Sängerin im KKL auf der Bühne und strahlte. Konzerte von Joss Stone leben meist nicht nur von der stimmlichen Qualität, sondern ebenfalls von der fröhlichen Art, die Joss verbreitet. Irgendwie bleibt das Hippiemädchen in ihr. Sie kann aber auch anders. Als jemand bei einer kurzen Pause zwischen zwei Songs laut «Music!» rief, erwidert Joss, dass sie die Zeit, die man ihr widme, sehr schätze, aber jeder frei sei zu gehen, falls es nicht gefalle. Gegen halb Zwölf hatten das deutlich spürbar einige getan. Ob es tatsächlich an der Qualität der Musik lag, sei hier mal so dahingestellt. 

 

Fotos: Bäckstage / © Sandra Rohrer (sandrarohrerphotography.com)

 

Mitten im Set lud Joss die Newcomerin RuthAnne – die ebenfalls Britin ist - auf die Bühne ein. Die RnB/Soukl-Sängerin wärmte vor ihr den Saal auf. RuthAnne hatte somit die Möglichkeit, das Festival im KKL zu eröffnen. Das Blue Balls wählt jedes Jahr einen interessanten Act als Gesicht des Festivals aus und in diesem Jahr fiel die Wahl zum «Blue Balls Face» auf RuthAnne. Die junge Künstlerin zeigte ein emotionales Set zwischen Soul-Pop und einen Hauch R’n’B und präsentierte sich optimal. Neben ihren Songs wie der vorletzten Single «Love Again» als Abschluss, wählte sie für ihr Set etwa ein Cover von TLCs «Waterfalls» und meisterte dabei sogar die Rap-Parts ziemlich gut. In ihren Songs erzählt RuthAnne gerne von Beziehungen oder gebrochenen Herzen, was gut zum Stil passt. Von RuthAnne könnte man in Zukunft noch hören. 

 

Mit Joss Stone zusammen sang RuthAnne «Super Duper Love (Are You Diggin’ On Me)», einen der ganz grossen Hits aus Stones Repertoire. Der Track funktionierte als Duett wunderbar und setzte eine schöne Abwechslung im Set. Denn leider hat Joss seit 2015 keine neue Musik herausgebracht, wenn man von der aktuellen Single von James Morrison, auf der sie als Gast singt, absieht. Darum klingen ihre Sets oft ähnlich und da sie regelmässig in der Schweiz spielt, bietet sie wenig Überraschungen. Das soll aber die Qualität nicht schmälern, denn Joss Stone ist Vollprofi und durchaus fähig, ein Set mit ihrer Stimme zu tragen, ohne zu langweilen. Im KKL erfüllte sie gar spontan einen Wunsch. Als jemand nach «Vicitim Of A Foolish Heart» bat, spielte sie den Song direkt. Vielleicht war dabei nicht zuletzt der Fakt entscheidend, dass der Song sowieso oft im Set ist. Charmant war es trotzdem. 

 

Schade war nur, dass manche Leute einfach nicht zuhören können und störend lauf geredet wurde. Da war das «I Put A Spell On You» von Screamin Jay Hawkins als Schlusspunkt des Sets vielleicht als Symbol gar nicht so verkehrt. Die eingangs erwähnten Sonnenblumen und das leidenschaftliche «Right To Be Wrong» schlossen das Set rund ab und so setzte Joss Stone ein erstes Highlight am Blue Balls 2019. 

 

Joss Stone ist ein sicherer Wert. Ihre Lebensfreude und die unverkennbare Stimme funktionieren seit Jahren. Schade ist nur, dass es länger keine neue Musik von ihr gab. 

 

Sandra Rohrer / So, 21. Jul 2019