Das Herzstück der White Lies
Freitagabend. Komplex 457 in Zürich. Ein junges Pärchen liegt sich in den Armen, während auf der Bühne Angela Gail und Jeffrey Jacob um die Wette singen. Die Band heisst In The Valley Below und eröffnet in Zürich für die White Lies. Das Pärchen geniesst, wird aber später von der Menschenmenge verschluckt. Wenn das Konzert auch nicht ausverkauft war, einige wollten die Indieband aus England schon sehen, denn gut gefüllt war die Halle auf jeden Fall.
Die White Lies hinterlassen danach nur zufriedene bis begeisterte Menschen, verwöhnten mit flirrenden Lasern, diversen Scheinwerfern und drei schmalen Screens im Rücken. Am Bühnenrand, ins Zentrum gerückt, steht Sänger Harry McVeigh und sorgt für die Dauer des Konzertes für den unverkennbaren Gesang. Aber das Herzstück der Band, die Lebensader quasi, ist nicht seine Stimme, sondern das Schlagzeugspiel von Jack Brown.
Sein drückendes Schlagzeug, das er im richtigen Moment zurückzunehmen versteht, sorgt für viel Abwechslung in den Songs. Herrlich, wie er immer wieder vermeintliche Taktbrüche einbaut und wenn er loslegen darf, etwa bei den Salven von «Fairwell To The Fairground» oder der Hymne «Death», das mit seinen Steigerungen im Grunde ein Geschenk an den Schlagzeuger darstellt, kennt er kein Bremsen. Das Schlagzeug macht bei den Whites Lies einen wichtigen Teil der Struktur aus. Das Schlagzeug gibt nicht nur den Takt vor, sondern sorgt für spannende Aspekte, fast sogar für ein kleines Markenzeichen im Sound der Briten. Immer wieder sorgt ein Zwischenspiel für ein Oh, entlockt ein brachiales Riff ein Ah.
Aber ein Schlagzeug macht noch keine Band. Gesang, die elektronischen Pinselstriche und die knackigen Gitarreninputs sorgen ebenso für die Feinheiten und komplettieren das musikalische Gemälde. White lies geben beim zweiten Konzert im Komplex erneut richtig Gas und auch wenn die Spielstätte, im Gegenteil zur letzten Tour, längst nicht voll ist, so sorgt der teils brachiale und dann wieder herrlich verwobene Industrialsound für eine super Stimmung.
Dazu kommen die Visuals. Blauer Laser bei «Unfinished Business» oder rotes Licht, von grünen Strahlen gebrochen bei «Here Goes Our Love». Überhaupt feiert das Publikum die Klassiker euphorisch, aber auch die Songs des neuen Albums «Big TV» passen wie angegossen zwischen die alten Stücke. Dazu ein sauberer Soundmix. Was will man mehr, da hat alles gestimmt.