Bis zur Kiefersperre
Einst füllten sie ganze Stadien, nun spielen die Hardrock-Urgesteine Uriah Heep in kleinen Hallen. Die Freude am Live-spielen ist ihnen dennoch nicht abhanden gekommen. Das hat die britische Band am Donnerstag, 3. Dezember, bewiesen.
Wahnisinnig sympathisch gaben sich Uriah Heep in der Zuger Chollerhalle, allen voran Sänger Bernie Shaw. Immer mit einem verschmitzten Lächeln, Witzen und viel Charme präsentierte der Kanadier Songs aus vielen Jahrzehnten. «We’re trying to cover up 45 years», nannte er die Schwierigkeit auch gleich selbst. Zur Freude des überwiegend älteren Publikums kamen dann auch viele frühe Stücke zum Zug.
Dazu muss man sagen, dass Bernie Shaw bei der Entstehung dieser Stücke noch gar nicht in der Band war. Er stiess nämlich erst 1987 zu der Gruppe, die ihr Glück nach dem Rauswurf von David Byron mit weiteren vier Sängern versuchte. So haben viele Fans wohl noch immer die Stimme von Byron oder auch Ken Hensley im Kopf, welcher das wohl bekannteste Stück «Lady in Black» einsang. Nichtsdestotrotz überzeugte Bernie Shaw mit allen Liedern, denn abgesehen von seinem einnehmenden Wesen klang seine Stimme sehr klar und ist noch immer in Topform. Das war besonders gut bei «Wise Man» zu hören, welches nur von Mick Box und Bernie Shaw («The best friends on the fucking world») dargeboten wurde. Insgesamt lebte das Konzert von einer sehr guten Soundqualität.
Immer noch musikalisch in topform ist auch das einzige verbliebene Gründungsmitglied, Gitarrist Mick Box. Er begeisterte mit einem sehr langen Solo. Auch er hatte immer ein Schmunzeln auf den Lippen, und spätestens nach der kleinen Ansprache in britischstem Britsh-Englisch wären ihm die Herzen sowieso zugeflogen.
Beim Evergreen «Lady in Black» war dann auch das Publikum einigermassen textsicher - zumindest beim unverwechselbaren «Aaah», welches die Band vom Publikum bis kurz vor die Kiefersperre einforderte. Das Publikum wurde auch sonst viel miteinbezogen. Die Musiker reagierten auf Rufe, forderten die Leute zum Mitmachen auf und Bernie Shaw übte sich ab und zu ein wenig in Deutsch.
Als Zugabe durften die Besucher «Bird of Prey» und «Easy Livin‘» geniessen, bevor sie die Chollerhalle mit bestimmt positiven Erinnerungen an den Abend verliessen.
Positiv in Gedanken dürfte dem Publikum auch die Vorband Stuck in Traffic bleiben (und nicht wie angekündigt WolveSpirit, welche Uriah Heep auf der Tour begleiten). Die Musiker aus Zug hatten im Durchschnitt bestimmt 30 Jahre weniger auf dem Buckel als das Publikum, begeisterten mit ihrem Mix aus Hardrock und Blues aber auch eingefleischte Uriah Heep-Fans. Besonders bei der Stimme des Frontmannes ist sehr viel Potential zu hören.
Uriah Heep zeigten sich symphathisch und nahbar, aber vor allem musikalisch noch immer virtuos. Die Rock-Urgesteine verabschieden sich noch lange nicht, und es wird wohl noch viele Gelegenheiten geben, sich selbst davon zu überzeugen.