Von kulinarischen Düften und William Fitzsimmons
Tag 3
Die Sonne brannte gnadenlos, als alle Medienvertreter zur Pressekonferenz im ungarischen Bereich der Sziget geladen waren. Mit über 415‘000 Menschen wurde erneut ein Besucherrekord erziehlt. Nicht zuletzt, weil Robbie Williams das Festival eröffnet hat. Aber das ehemalige Enfant Teribble ist nicht alleine der Grund, der liegt nämlich nicht nur im musikalischen Line-up auf Haupt- und A38-Stage. Wenn man über das Gelände des Sziget schlendert, verliert man sich so richtig in einer Art Happening. Es gibt die Blues-Stage, auf der dem Blues gezollt wird. Eine Bühne gibt eher kleinen Bands aus ganz Europa eine Chance. Und sogar Klassik wird auf der Insel so richtig zelebriert. Mit Orchester, das man kurz selbst dirigieren konnte. Man läuft an Zelten vorbei, in denen Menschen Schach spielen oder den Rubikwürfel in Händen drehen, verteilt kurz mal ein High Five an andere Festivalbesucher, bestaunt die Wand, auf der sich jeder mit Kreide verewigen kann, amüsiert sich über diverse sehr phantasievolle Kunstinstallationen, viele davon aus Holz, oder schnuppert einfach mal durch das vielfältige Panoptikum aus kulinarischen Düften. Das Sziget ist eine so breite Palette an Eindrücken, dass man gar nicht alle mitnehmen kann. Aber, es erstaunt überhaupt nicht, dass das Festival bereits zweimal zum schönsten Festival Europas gewählt wurde. Die Stimmung und das Festivalerlebnis, das einem geboten wird, unterstützen das durchaus.
Die Feuerwehr kühlte die Besucher mit Schläuchen.
So weit so gut. Musikalischer Pflichttermin war William Fitzsimmons. Der charmant-schrullige Songwriter aus den USA spielte zwar vor eher lichten Reihen, dafür begeisterte er die Anwesenden umso mehr. Mit oft geschlossenen Augen verlor er sich in den selbstgeschaffenen Soundlandschaften. Wunderbar zu sehen, wenn Künstler so in ihrer Leidenschaft aufgehen. Nicht weniger leidenschaftlich zeigten sich kurz darauf die Beatsteaks aus Berlin. Arnim Teutoburg-Weiss, in blau-weiss gestreift, führte die Band, die einen brillanten Live-Ruf geniesst, auch am Sziget gekonnt an und ging sogar mit dem Publikum auf Tuchfühlung, indem er die Absperrung erstieg. Das grosse Highlight am Samstag waren aber die Kings of Leon. Ich habe sie verpasst, aber die Meinungen waren sehr geteilt.
Eindrücke von William Fitzsimmons und den Beatsteaks:
Tag 4
Auch am letzten Tag brannte die Sonne gnadenlos und das Sziget hätte durchaus dem Vergleich mit einer kleinen Wüste stand gehalten. Denn staubig war es, was weiss war, wurde braun, was sich irgendwo am Körper festsetzen konnte, blieb und wurde später Opfer der Dusche. Aber lieber trocken, als schlammig und insofern zeigte sich das Sziget von der besten Seite. Der Sonntag diente dagegen ein bisschen zum auschecken, runterkommen und liess ein Rekapitulieren des Wochenendes zu. Man ging nochmals über das Gelände, beobachtete, wie Menschen in der Hitze anstanden, um die Artisten im Zirkus zu sehen, fragte sich, ob ein Blick auf «Fear The Walking Dead», den AMC in einem Container bot, das Anstehen wert war. Ich entschied mich aber dagegen und landete plötzlich mitten zwischen wilden Pferdefiguren, die über die Wege am Sziget streiften. Angetrieben von Paukenschlägen. Selbst das kann einem hier passieren. Eine kleine Ruhepause boten die Holzkonstruktionen hinter der Main Stage. Dort sitzt man dann im Sprühnebel, während das Karussell, das sich gleich daneben hypnotisch drehte, genau so faszinierte, wie irgendwelche schrägen Schaufensterpuppen auf einem Bau direkt daneben.
Übergrosse Pilze und Blumen an der World Music Stage.
Noch einmal stachen die vielen liebevollen Details ins Auge. Angefangen bei den Puppenkleidern, die in den Bäumen bei einem Campingplatz hingen über die willkürlich in den Bäumen verteilten Ballons und die übergrossen Pilze bei der Wold Music Stage bis zu den Leuchtelementen, die auf dem gesamten Gelände verteilt waren. Als Fazit lässt sich sagen, dass das Sziget Festival den Namen «Island of Freedom» sicher verdient hat. Denn organisiert ist der riesige Event wunderbar, Probleme gab es so weit bekannt keine und bis hin zum bargeldlosen Bezahlen funktionierte alles. Menschen aus 98 Ländern feierten sieben Tage lang ein rauschendes Fest und auch für mich war der Besuch in Budapest eine wunderbare Erfahrung. Die Stadt bietet einiges an Sehenswürdigkeiten und die Kombination mit dem Sziget ist für Festival- und Musikfans die perfekte Möglichkeit für einen Kurztrip in eine europäische Metropole.
Wer einmal am Sziget war, wird die Insel wohl begeistert verlassen. Ich würde jedenfalls wieder nach Budapest und auf die «Island of Freedom» zurückkehren.
Teil 1 von «Bäckstage on the Road» am Sziget gibt es HIER.