The Likely Lads are back!

Konzertkritik: The Libertines im X-Ttra
Bildquelle: 
Bäckstage .

Es ist eine wilde und unruhige Zeit, die hinter den Libertines liegt. Genauer gesagt zwischen den beiden Alphatieren/Frontmännern Carl Barât und Peter Doherty. Ende der Neunzigerjahre lernten sich die beiden kennen und gründeten The Libertines. Darauf folgten Ruhm, Ekstase und im Falle von Doherty der Drogenabsturz. Der Tiefpunkt war erreicht als Doherty an Barâts Geburtstag in dessen Wohnung einbrach und Wertgegenstände zwecks Drogenkonsums entwendete und daraufhin zwei Monate ins Gefängnis wanderte. Doch diese schweren Zeiten sind nun vorbei. 2015 brachten die Libertines ihr drittes und bis anhin letztes Album auf den Markt mit dem – angesichts ihrer stürmischen Vergangenheit - ironisch klingenden Titels «Anthems for Doomed Youth». Der Titel ist - wie für The Libertines typisch - eine Anlehnung und Hommage. In diesem Fall an den Dichter Wilfred Owen und dessen gleichnamiges Gedicht über die Schrecken im ersten Weltkrieg. Andere berühmte Anlehnungen finden sich in Liedern wie «Likely Lads» als Anspielung auf die gleichnamige britische 1960er- Sitcom oder dem Song «What Katie did». Letzteres besitzt sogar mehrere Anspielungen, zum einen auf die gleichnamige Kinderbuchreihe, auf eine britische Lingerie-Marke und last but not least Dohertys gescheiterten Beziehung zu Kate Moss. Letztere sang in glücklichen Tagen sogar den Refrain fürs Studioalbum.

 

Fotos: ©Bäckstage

 

Einen glücklichen Tag hat auch Zürich gestern erwischt. Pünktlich um 21 Uhr schleichen sich Bassist John Hassall und Peter Doherty auf die Bühne, um im Akustikgitarrenarrangement Peter Sarstedts «Where Do You Go To My Lovely» vorzutragen. Offiziell hat die Show noch nicht begonnen, aber Hassall geniesst sichtlich die untypische Aufmerksamkeit. Während Konzerten wirkt er neben dem Bromance-Duo Doherty/Barât häufig leider wie das traurige dritte Rad am Wagen. Nach der kleinen, aber feinen Darbietung verlassen Doherty und Hassall die Bühne, um 20 Minuten später samt Barât und Schlagzeuger Gary Powell erneut, aber diesmal ganz offiziell, ihre Show einzuläuten. Die Wartezeit macht das mit einem Ausfall rechnende Publikum leicht panisch, umso freudiger ist der Empfang als es mit dem Evergreen «Heart of the Matter» losgeht.


The Libertines spielen als hätten sie nie was Anderes gemacht. Ihre ironischen, intellektuell ansprechenden und durch den teilweisen nicht linearen Rhythmus am Punk ansetzenden Songs, sind allen Anwesenden wohlbekannt. Das Konzert entwickelt durch das freudige Mitsingen lustigerweise fast schon Schlager-Charakter. Gut demoliert der erprobte Doherty da gleich ein Mikrofon samt Ständer und demonstriert damit, dass wir uns an einem Rock-Konzert befinden, wo auch mal ein Drink in die schwitzende Meute geworfen werden muss. Trotz der kleinen Proll-Aktion wirkt Doherty glücklich und zufrieden wie lange nicht mehr. Sein eher chaotischer Auftritt mit den Puta Madres im Mai gehört der Vergangenheit an. Mit Barât an seiner Seite läuft Doherty im Zürcher X-Tra einmal mehr zur Höchstform auf.

 

Nach Songs wie «Waterloo», «Can’t stand me now» und «Up the Brackett» verabschieden sich The Libertines vom Publikum. Es folgen Zugabe-Rufe, Jubelgeschrei, euphorisches Klatschen bis die vier abermals die Bühne besteigen und erneut über 20 Minuten performen. Dieses Mal mit Klassikern wie «What Katie did», «Music when the lights go out» und «Don’t look back into the sun». Begleitet werden sie wie zuvor von einem begeistert mitsingenden Publikum.

 


Frei nach dem Motto «Todgesagte leben länger» brillieren The Libertines einmal mehr. Es ist ihnen zu wünschen, dass dieser Zustand noch lange anhält und vielleicht ein viertes Albumbaby mit sich bringt. Wir Fans warten gespannt.

 

Tanja Lipak / Di, 29. Okt 2019