Die coole Französin

Konzertkritik: Charlotte Gainsbourg im KKL
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Bäckstage / © Sandra Rohrer

Um zehn Uhr abends tritt die scheu wirkende Französin Charlotte Gainsbourg gemeinsam mit ihrer aus jungen Männern bestehenden Band auf die Bühne. Alle tragen verwaschene Jeans und weisse Shirts. Die Uniform wird als solche erst nach ein paar Minuten erkennbar. Schön subtil möchte man sagen. Die vorgetragenen Stücke bestehen zum Hauptteil aus ihrem Album «Rest». Von «Sylvia says» zu «Deadly Valentine» wird alles geboten und vom Publikum dankend aufgesogen. Das Bühnenbild, bestehend aus verschieden grossen Lichtrahmen, fängt die Stimmung perfekt ein. Erinnerungen an Auftritte von 80er-Bands sind bewusst inszeniert. 

 

Fotos: Bäckstage / © Sandra Rohrer (sandrarohrerphotography.com

 

Charlotte Gainsbourgs Coolness wurde ihr in die Wiege gelegt. Als Tochter der 60er-Jahre-Ikonen Jane Birkin (nach ihr wurde die Birkin-Bag benannt) und des französischen Sängers Serge Gainsbourg war ihr künstlerisches Schaffen etwas vorprogrammiert. Internationale Berühmtheit gelang ihr indes - ähnlich wie ihrer Mutter - auf dem filmischen Weg. So gelang ihr internationaler Durchbruch mit der Titelrolle der «Jane Eyre» in der gleichnamigen Verfilmung von Franco Zeffirelli. In den letzten Jahren machte sie vor allem als Darstellerin in Lars von Trier-Filmen («Melancholia», «Nymphomaniac» und «Antichrist») von sich Reden. Als Sängerin war sie seit ihrer Kindheit im französischen Sprachgebiet bekannt, nicht zuletzt wegen des doch ein klein wenig verstörenden «Lemon Incest»-Liedes mit Papa Serge. Sie fing auch auf Englisch an zu singen und bastelte vor zehn Jahren am Album «IRM» mit Beck. Danach wurde es musikalisch ruhiger. Vor zwei Jahren kehrte sie dann mit «Rest» zurück ins Musikbusiness. Die von den 80er-Jahren angehauchten elektronischen Dance-Lieder passen sehr gut zu Charlotte. Dies wurde bei ihrem Auftritt am Blue Balls Festival deutlich zementiert.

 

Dankesschreie und Geklatsche zaubern immer wieder ein Lächeln auf Charlottes Gesicht, welches hinter ihrer braunen Pony-Langhaar-Mähne fast schon versteckt gehalten wird. Ja nicht auffallen, heisst die Devise. Diese setzt die Sängerin auch ein, wenn sie mal nicht am Piano spielt, sondern ein Lied rein stimmlich inszeniert. Sie lehnt sich dann ganz cool an den Lichtrahmen oder singt zuhinterst auf der Bühne. Grosse Gesten oder verspieltes Herumtänzeln sind nicht so ihr Ding. Dies kommt fast schon minimalistisch rüber, passt aber zu ihr und ihrer eher introvertierten Art. Und ganz gewiss wirkt es authentisch und liebeswürdig. Dass sie mit der Zeit immer vertrauter aufs Publikum reagiert, wird mit der Zugabe deutlich. So setzt sie sich für Stücke wie «Lemon Incest» und «Remarkable Day» aufs Keyboard und wackelt zum Gesang gemütlich mit den Beinen hin und her. Tja, die französische Nonchalance, die beherrscht Charlotte Gainsbourg wie keine andere.

 

Charlotte for ever. Punkt.

 

Tanja Lipak / Fr, 26. Jul 2019