Der südafrikanische Pianist verzaubert sanft und leise

Konzertkritik: Abdullah Ibrahim
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Promobild

Der südafrikanische Pianist Abdullah Ibrahim, der vor seiner Konvertierung zum Islam als Dollar Brand bekannt war, zählt international zu den ganz grossen Meistern auf dem Jazzklavier. Ibrahim ist dem Schweizer Publikum wohl auch so bekannt (die Tonhalle war ausverkauft), weil er von Duke Ellington im Café Africana in Zürich «entdeckt» wurde (das 1963 veröffentlichte Album «Duke Ellington presents the Dollar Brand Trio» war der grosse Karrieredurchbruch) und er darauffolgend immer wieder zurückkam; nur schon in den letzten 10 Jahren hielt er über 30 Konzerte in der Schweiz ab.

 

Die Kompositionen von Abdullah Ibrahim – der in seiner Kindheit mit traditioneller afrikanischer, aber auch religiöser Musik und Jazz aufwuchs – umfassen ein extrem breites Spektrum von Free Jazz bis hin zu zart-bitteren Melodien. Von harmonischen und leicht erfassbaren Wohlfühl-Oasen bis hin zu komplexen und absolut präzisen Dialogen zwischen den Musikern findet sich alles in seinem Repertoire. 

 

 Abdullah Ibrahim in seinem Element. 

 

In der Tonhalle stellte er im Rahmen der Konzertserie «Jazz Recitals» der Konzertagentur Allblues sein neues Album und sein neues Trio mit dem Cellisten Eugen Bazijan und Cleave Guyton, dem Virtuosen auf Klarinette, Querflöte und Altsax, vor. Ibrahim feierte im Oktober 2013 seinen 79igsten Geburtstag und sein neues Album «Mukashi» (japanisch für «once upon a time») ist eine faszinierende Rückschau auf sein Leben als Musiker. Die kontemplative Note drückt sich schon in den Titeln wie «Serenity», «Peace», «Devotion», «Essence» aus. Alle Stücke auf diesem Album sind knapp und prägnant verfasst, und die Höhepunkte sind wohl «Krotoa» (dreiteilig) und «Mississippi», ebenso aber auch «Peace», welches die Gezeiten und den Fluss der Natur zum Inhalt hat. «Root» ist eine Klaviervariation der Melodie von «Manneberg», einer der bedeutendsten Kompositionen von Ibrahim. 

 

Der Konzertabend war geprägt von einer epischen Stille und spirituellen Tiefe, die man selten antrifft und sich musikalisch schwer einordnen lässt. Am ehesten vergleicht sich seine Musik mit Jan Garbareks Alben «Officium», «Visible World» und «Rites» – sphärische Klänge und Melodien, die den Zuhörer in eine meditative Ruhe versetzen und ihm das Gefühl geben, ein Teil des Lebenszyklus der Natur zu sein. Ibrahim bezeichnet seine Musik selbst als «Trance-Mission» und in der Tat bewegen sich seine Stücke zwischen Hypnose und Ekstase; immer dringt auch die tiefe Religiosität des Musikers, subtil aus dem Hintergrund, durch.  

  

Die Tonhalle war die exakt richtige Lokalität für diese Art von Musik – unplugged und ohne Verstärkung, haben die drei Musiker das Publikum von Beginn bis Ende mit ihrer ausserordentlichen Musikalität in ihren Bann gezogen.

 

Bild im Text: © Stéphane Kaeser

markusfreiwillis / Mi, 16. Apr 2014