Zwischen den Kulturen
Text von Thomas Hügli
Ein Film wie ein griechische Tragödie oder doch wie ein barbarischer Akt verblendeter Menschen? Es geht um mehr als eine pauschale Stigmatisierung. Die Sache ist kompliziert … und doch sind Zwangsheiraten die Beraubung der Freiheit zweier Menschen. Die Freiheit, frei zu lieben und frei zu leben.
Stephan Streker sieht es pragmatisch. Ein Film ist Montage. Er entsteht am Schluss beim Schnitt. Überhaupt wird erst bei der Postbearbeitung vieles klarer und deshalb braucht der Film diese Zeit, sodass er selbst entscheiden kann was aus ihm werden soll. Der Film spiegelt die Geschichte von Zahira, einer 18jährigen jungen Frau aus einer pakistanischen Familie in Belgien. Lina El Arabi spielt die Protagonistin. Zahira soll verheiratet werden. Aus einer Auswahl dreier Männer in Pakistan soll sich sich für einen Bräutigam entscheiden. Aber Zahira sagt NEIN, sie ist eine Antigone ihrer Zeit und die Geschichte ihrer Familie nimmt ihren Lauf.
«Noces» scheint nicht Stellung zu beziehen, unterscheidet die Welt nicht in Gut und Böse. Der Film gibt dem Zuschauer die Chance, die Geschichte in Funktion seiner eigenen Sensibilität zu leben. Und doch wird klar wie sich viele Einwanderer schwer tun mit der Vorstellung ihre angestammte Gemeinschaft, ihr Volk zu hintergehen, weil sie sich der Freiheit und der Lebensart im Westen annähern und angleichen.
Lina El Arabi und Sébastien Houbani verkörpern das Geschwisterpaar in bedrückender Authentizität. Aufgewachsen in Belgien und geprägt von der freiheitlichen Ordnung unserer Gesellschaften sind sie hin und her gerissen von den Anforderungen ihrer Familien, ihrer Gemeinschaft und dem Wunsch das Leben selbst bestimmten zu können.
- Noces (BE/FR 2016)
- Regie: Stephan Streker
- Besetzung: Lina El Arabi, Sébastien Houbani, Babak Karimi, Olivier Gourmet, Alice de Lencquesaing
- Laufzeit: ca. 98 Minuten
- Kinostart: 14. Dezember 2017