Vergiss Paris

Filmkritik Le Week-End
Bildquelle: 
Frenetic Films

Was schenkt man sich zum 30. Hochzeitstag? Ein unvergessliches Wochenende in der Stadt der Liebe natürlich! Doch reicht das auch aus, um die vom Alltag und ihren Nöten verdrängte Leidenschaft wiederzubeleben? Vielleicht. Dies hofft jedenfalls der romantisch veranlagte Nick Burrows (Jim Broadbent, «Filth», «Moulin Rouge»). Seine Gattin Meg (Lindsay Duncan, «Kommissar Wallander») ist indessen ein wenig skeptischer und auch anspruchsvoller. So tauscht die gewiefte Lady den Aufenthalt im ehemaligen Flitterwochenhotel in ein Zimmer im luxuriösen 5-Sterne-Hotel um. Generell befindet sich Meg in Zeiten des Aufbruchs. Der Lehrerberuf erfüllt sie nicht mehr und die Kinder sind bereits ausgezogen. Zeit für Veränderungen. Schade nur, wenn dem eher sanftmütigen Nick Megs Lebensumgestaltungen kurzerhand vor den Kopf geworfen werden. Schliesslich hat der Uni-Professor auch die eine oder andere Ankündigung zu machen.

 

 

Paris mag zwar als die Stadt der Liebe gelten, in filmischer Hinsicht musste sie aber häufiger als «Make it or break it»-Destination hinhalten («Before Sunset», «Forget Paris», «2 Days in Paris», «Everyone says I love you», «Midnight in Paris», «French Kiss», letzte Folge von «SATC»). Dies ist sich Regisseur Roger Michell («Morning Glory», «Notting Hill») auch bewusst und inszeniert seinen neusten Film daher voller kleiner Anspielungen an die oben genannten Klassiker. Hie und da wird sogar im selben Restaurant gegessen. Satt sehen kann man sich an «Le Week-End» jedoch überhaupt  nicht. Sei es an den Bildern der wunderschönen Stadt oder dem unberechenbaren Pärchen. Broadbent und Duncan manövrieren sehr gekonnt und überzeugen zwischen den Strassen von Paris und zwischen den Höhen und Tiefen ihrer Beziehung.  In mancher Hinsicht erinnert der Film dabei durch die dialogstarke Handlung sowie durch die Charakteristiken der Figuren an Richard Linklaters «Before»-Trilogie.  Im Gegensatz zu Céline und Jesse benötigen Meg und Nick jedoch einen Katalysator, um endlich mit offenen Karten zu spielen. So gerät Morgan (Jeff Goldblum, «Jurassic Parc») unmittelbar zwischen die Fronten, als er seinen alten Studienkollegen Nick zur Dinner-Party einlädt. Goldblum reüssiert in seinem Gastauftritt als selbstverliebter Intellektueller auf ganzer Linie und gibt dem Film eine amüsante und zynische Note.

 

 

«Le-Week-End» lief letztes Jahr als Galapremiere am Zurich Film Festival und holte grosses Lob. Selten wurden die grossen Fragen des Daseins wie das Älterwerden, die Liebe und die Selbstverwirklichung derart verspielt und hingebungsvoll auf der grossen Leinwand diskutiert. Ein cineastischer Besuch wird deshalb dringendst empfohlen.

 

 

  • Le Week-End (2014)
  • Regie: Roger Michell
  • Drehbuch:  Hanif Kureishi
  • Besetzung: Jim Broadbent; Lindsay Duncan; Jeff Goldblum
  • Dauer: 89 Minuten
  • Kinostart: 13. Februar 

 

Tanja Lipak / Di, 11. Feb 2014