Franklin D. und die Liebe

Movie-Kritik: Hyde Park On Hudson
Bildquelle: 
Im Verleih von ASCOT ELITE

Gastbeitrag

 

Der Einblick in die Schlafzimmer berühmter Leute scheint neuer Zeitvertreib und aktueller Trend zugleich bei Filmemachern zu sein. Neben Alfred Hitchcock im Film «Hitchcock» und Abraham Lincoln im Oscar nominierten Epos «Lincoln» trifft es nun Franklin Delanoe Roosevelt in «Hyde Park On Hudson».

 

Ein Wochenende im Juni 1939: Amerikas 32. Präsident, Franklin Delanoe Roosevelt, hat alle Hände voll zu tun, das Land aus der Wirtschaftskrise heraus zu manövrieren. Auf seinem privaten Landsitz (Hyde Park on Hudson) werden König Georg VI. von England und seine Gemahlin Elizabeth (die Eltern der gegenwärtigen Königin Elizabeth II.) erwartet. Der erste Besuch eines britischen Monarchen auf amerikanischem Boden überhaupt. Am Vorabend des heraufziehenden 2. Weltkrieges will man sich der Freundschaft der Vereinigten Staaten versichern. 

 

Bild 1: Gegensätze. Roosevelt als elitärer Lebemann, der besonders an Daisy (Bild 2) Geschmack gefunden hat. (Mit Maus über Bild fahren)

 

Vor diesem geschichtsträchtigen Hintergrund siedelt Drehbuchautor Richard Nelson seine Story an. Margaret ‚Daisy‘ Suckley (Laura Linney, «Truman Show») gehörte von 1922 an zum ‚inner circle‘ des - nicht nur politischen - Alltags von F. D. Roosevelt (Bill Murray, «Moonrise Kingdom») und war zeitlebens, bis zu seinem Tod 1945, eine seiner engsten Vertrauten. Erst als sie 1991, kurz vor ihrem einhundertsten Geburtstag, gestorben war, fand man unter ihrem Bett eine Schachtel mit Briefen, die die geheim gehaltene große Nähe zwischen ihr und dem Präsidenten offenbarten. Es wäre denkbar, und der Film basiert darauf, dass die beiden mehr als nur miteinander geflirtet haben. Ja und?

 

Liebesgeschichte in die zweite Reihe verbannt 

 

Autor Nelson strickt aus eben jener Vermutung den Aufhänger für seine Version der Geschichte, verlegt aber diesen Erzählstrang ziemlich schnell in die zweite Reihe als das königliche Paar (Samuel West & Olivia Colman) auf dem Landsitz Hyde Park on Hudson eintrifft. Das Interesse von Regisseur Roger Michell («Notting Hill») scheint ebenfalls stärker der Begegnung zwischen Royals und Roosevelts zu gelten als der einfühlsamen Entwicklung der Liebesgeschichte. Um es vorweg zu nehmen: Diese Lovestory kommt so lauwarm-fade daher, selbst in den dramatischsten Szenen, dass man deren Episoden ebenso gut für Gespinste aus Daisy’s Mauerblümchen-Fantasie halten könnte. 

 

Bild 1: Auf Hyde Park On Hudson geht der Präsident seinen offiziellen Pflichten nach, aber auch seinen menschlichen Schwächen (Bild 2). 

 

Daisy-Darstellerin Laura Linney wirkt unbeholfen in ihrer Rolle. Es gelingt ihr nicht einmal ansatzweise, die tatsächliche Unbeholfenheit ihrer Protagonistin zu verkörpern. Der Roosevelt des Films, Bill Murray, mimt treffsicher des Präsidenten prägnante Posen - als Mensch bleibt die Figur blass und blutleer, ganz im Gegensatz zum historischen Vorbild. Regisseur Michell (ver)zeichnet den Präsidenten als plumpen Schürzenjäger der angesichts der drohenden Gefahr aus Hitlerdeutschland nichts weiter im Kopf gehabt haben soll als Frauengeschichten. 

 

Fakten, Kostüme und Soundtrack basieren auf sorgfältiger Recherche. Sie treten kaum ins Bewusstsein - wie die verschwommenen Konturen der Charaktere und ihrer Darsteller. Sanfte Kamerafahrten, schöne Bilder, blassgesichtige Szenen verschmelzen mit den einzelnen Episoden zu einem bemerkenswert belanglosen Ausschnitt aus dem Leben zweier herausragender Persönlichkeiten. Fazit: Das Filmvorhaben, mit «Hyde Park on Hudson» aus einem erstklassigem Dramenstoff eine dramatisch gestaltete Geschichte zu erzählen - grandios gescheitert!

 

 

  • Hyde Park On Hudson (UK 2012)
  • Regie: Roger Michell
  • Drehbuch: Richard Nelson
  • Darsteller: Bill Murray, Laura linney, Samuel West, Olivia Colman, Elizabeth Marvel, Olivia Wilson 
  • Laufzeit: 95 Minuten
  • Kinostart: 31. Januar 2013

 

Bildquelle: Im Verleih von Ascot Elite.

Patrick Holenstein / Di, 29. Jan 2013