Inkarnation einer Legende
Märchen sind was für Kinder, so der irrtümliche Volksglaube. Liest man einer der vielen Interpretationen zu «Die Schöne und das Biest» oder auch «Dornröschen», gleicht die Geschichtsstunde eher einer Freud-Therapiesitzung. Sex, Macht, Gier und das «Es» regieren die Märchenwelt. So auch in dieser mutigen Neuinterpretation des Disney-Klassikers Dornröschen. Denn hier steht zum ersten Mal nicht die naive und passive Prinzessin im Vordergrund, sondern die böse Fee, die den Fluch aussprach.
Maleficent verflucht die neugeborene Aurora (Bild 1), begegnet ihr aber später doch noch vor dem entscheidenden Schlaf (Bild 2). (Mit Maus über Bild fahren)
Diese Fee (Angeline Jolie, «Wanted», «Mr & Mrs Smith»), Maleficent genannt, ist zunächst gar nicht böse, sondern über beide Ohren verliebt. In Stefan (Sharlto Copley, «District 9»), einem Waisen aus der Menschenwelt. Dieser hat aber nach kurzer Zeit mehr Interesse an seiner Hofkarriere als an der Romanze mit der ohnehin überlegereren Maleficent. Es kommt, wie es kommen muss und Maleficent wird trotz des «wahre Liebe»-Kusses von dem hinterlistigen Mann betrogen. Voller Zorn und Wut brennend, verflucht Maleficent darauf die neugeborene Tochter Aurora (erwachsen: Elle Fanning, «Ginger & Rosa») ihres Exfreundes. Der Rest ist Geschichte. Oder fast, denn Disney nimmt sich grossen Spielraum in der Inkarnation seiner Legende.
Aurora kann ihrem Schicksal (Bild 1) nicht entkommen, trotz 16-Jahre langem Versteck (Bild 2).
Regie führt in diesem 3D-Spektakel Robert Stromberg, der bis dato als 2-facher Oscarpreisträger («Avatar», «Alice in Wonderland») in der Kategorie Szenenbild bekannt war. Dass diese Disney-Märchenwelt hier jener aus «Oz - the Great and Powerful» gleicht, ist nicht Zufall, den auch Oz’s Trip wurde von Stromberg in Szene gesetzt. Neben dieser äusseren Ähnlichkeit sind in beiden Geschichten die bösen männlichen Herzensbrecher schuld, dass eine neue Hexe resp. Furie entsteht und für Schrecken und Angst sorgt. Zufall oder nicht, bei Disney scheint sich was zu tun. Inwiefern dies weniger stereotypisch ist als das altbekannte «Gut gegen Böse» bleibt mehr als fraglich. Unterhalten tut der Film auf alle Fälle und gute 3D-Effekte bietet er sowieso. Und Jolie nimmt man die Wandlung von der guten Fee zur bösen Hexe sowieso spielerisch ab, schliesslich kann Angie’s süffisantem Lächeln ohnehin niemand widerstehen. Am wenigsten ihre eigene Tochter Vivienne, die selbst als junge Aurora zu sehen ist. Wie der Film bei den Jolie-Pitts ankam, ist nicht bekannt. Dass Angie irgendwann die Verehrer ihrer Töchter besonders beäugen wird, scheint aber nach dieser Rolle mehr als wahrscheinlich.
- Maleficent (2014)
- Regie: Robert Stromberg
- Story (neu): Linda Woolverton
- Besetzung: Angelina Jolie, Elle Fanning, Sharlto Copley, Sam Riley
- Dauer: 97 Minuten
- Ab 29. Mai im Kino