Fröhliche Hommage an den Glam-Rock
Musical-Verfilmungen gehören zu Hollywood wie die Butter aufs Brot. Nach erfolgreichen Umsetzungen in den letzten Jahren, wie beispielsweise „Phantom der Oper“, „Chicago“ oder „Mamma Mia!“, wurde nun ebenfalls das 2006 in Las Vegas uraufgeführte „Rock of Ages“ mit einer hochkarätigen Besetzung verfilmt. So singen sich in der neusten Filmoperette Stars wie Tom Cruise, Alec Baldwin, Catherine Zeta-Jones, Russel Brand, Malin Akerman und Paul Giamatti die Seele aus dem Leib. Dies tun sie alle höchst gekonnt. In Ungnade fallen hier eher die beiden jungen Hauptdarsteller Julianne Hough („Footloose“) und Diego Boneta („90210“), welche zwar wunderbar tanzen und singen können, jedoch im schauspielerischen Bereich hohen Aufholbedarf haben.
Die Kleinstadtschönheit Sherrie (Julianne Hough) setzt sich 1987 ganz nach Journey’s Welthit „Don’t Stop Believin’“ („Just a small town girl, Livin‘ in a lonely world, She took the midnight train goin‘ anywhere…”) in einen Greyhound Bus und reist ab nach Los Angeles, wo sich all ihre Träume erfüllen sollen. In der Stadt der Engel angekommen, wird Sherrie zunächst auf dem Sunset Strip beraubt, lernt dadurch aber „City Boy“ Drew (Diego Boneta) kennen, der ihr einen Job als Kellnerin im Bourbon-Room, dem angesagten Club der Glam-Rock Szene, verschafft.
Adam Shankman („Bedtime Stories“) inszeniert nach „Hairspray“ mit „Rock of Ages“ sein zweites Filmmusical und bleibt der lustigen sowie fröhlichen Vorlage treu. Dadurch wird zwar die Reichweite seines potentiellen Zielpublikums grösser, aber der echten Glam-Rock-Kultur wird es nicht gerecht. Anders als bei „Velvet Goldmine“, in welchem ebenfalls die glamouröse Epoche des Rock ’n’ Rolls behandelt wird, bleibt „Rock of Ages“, trotz schön choreographierten Stripszenen und Andeutungen auf Sex, Drugs & Rock ’n’ Roll eher brav und bieder. Dies ist wie erwähnt natürlich dem eigentlichen Musical zu verdanken, jedoch hätte man mehr elektrische Gitarre und weniger Seifenblasen erwarten können. So bleibt die erste Hälfte des Filmes eine rosarote Operette.
In der zweiten Hälfe nimmt der Gesangspart ein wenig ab, d.h. die Figuren artikulieren sich auch ohne zu singen. Dies ermöglicht den nahenden Konflikt zwischen der Rockszene und dem republikanischen Politiker Whitemore (Brian Cranston „Malcome in The Middle“, „Breaking Bad“) mehr Raum. Der Bourbon Club ist den bürgerlichen Politikern, ähnlich wie die Reithalle in Bern, ein Dorn im Auge. Die Jugend wird dort, aus ihrer Sicht, durch die satanische Musik verdorben. Zudem trinken die Besucher Alkohol und sind nur spärlich bekleidet. „Pfui“, meint dazu Whitemores Trophy-Wife Patricia (Catherine Zeta-Jones „Chicago“), welche mit anderen besorgten Müttern eine Kampagne gegen das Bourbon lanciert, um den Laden ein für alle Mal dicht zu machen. Clubbesitzer Dupree (Alec Baldwin „30 Rock“) setzt auf den gefallenen Rockstar und einstigen Helden des Bourbon, Stacee Jaxx (Tom Cruise „Top Gun“), um sich aus dieser Misere zu retten. Doch Jaxx’ Manager (Paul Giametti „Sideways“) hat ganz andere Absichten mit Jaxx’ Auftritt im Bourbon.
Es ist eine sehr grosse Freude den etablierten Schauspielern beim Singen und Herumhüpfen zuzusehen. Die Besetzung ist handverlesen und passt zu den jeweiligen Figuren ausserordentlich gut. So erinnert Stacee Jaxx mit seinen komischen Ritualen und Göttern auch irgendwie an den Scientologen Tom Cruise, von welchem die Figur verkörpert wird. Dadurch erhält der Film eine wahnsinnige Ironie und Cruise liefert seinen denkwürdigsten Auftritt seit „Tropical Thunder“. Alec Baldwin bietet mit langen Haaren und Jeansweste einen ganz ungewöhnlichen Anblick und hat mit Russel Brand als Sidekick Lonny ebenfalls ein paar sehr aussergewöhnliche Momente im Film. Überraschenderweise spielt Brand hier einen etwas anständigeren Briten als in Jason Segels „Forgetting Sarah Marshall“. Malin Akerman („Watchmen“) überzeugt mit viel Humor als „Rolling Stones“ Journalistin Constance, die dem alternden Rockstar Jaxx wieder Leben einhaucht und Paul Giametti läutet als hinterlistiger Musikmanager die Epoche der Boybands ein.
Trotz der braven Umsetzung bietet „Rock of Ages“ eine witzige Zeitreise zurück in die 80er Jahre und liefert spiellustige Superstars, die mit voller Herzenslust die Klassiker von Def Leppard, Joan Jett, Journey, Foreigner, Bon Jovi, Night Ranger, REO Speedwagon, Pat Benatar, Twisted Sister, Poison und Whitesnake trällern. Wer dieses Jahr noch nicht an einem Rockkonzert war, sollte sich schnell auf den Weg ins Kino machen.
- Rock Of Ages (USA 2012)
- Regie: Adam Shankman
- Drehbuch: Justin Theroux, Chris D’Arienzo & Allen Loeb
- Darsteller: Tom Cruise, Julianne Hough, Diego Boneta, Alec Baldwin, Catherine Zeta-Jones, Paul Giamatti, Russel Brand, Malin Akerman
- Laufzeit: 123 Minuten
- Kinostart: 14. Juni 2012