Dürrenmatt – der Mensch

DVD-Kritik: Dürrenmatt -Eine Liebesgeschichte
Bildquelle: 
DCM Films

Im Zentrum des Dokumentarfilms von Sabine Gisiger steht nicht der Künstler Dürrenmatt, sondern der Mensch, der unter anderem Maler und Schriftsteller war. Tochter, Sohn, Schwester und der Autor selber – in alten Aufnahmen – erzählen von den Eigenschaften des Ehemannes, Vaters, Bruders und Geliebten sowie von verschiedenen alltäglichen und aussergewöhnlichen Momenten seines Lebens.

 

Man braucht einen Moment, um sich in diesem Film zurechtzufinden. Der Zugang wird einem durch die zum Teil etwas verzerrten Ton- und Bildaufnahmen Friedrich Dürrenmatts erschwert, die einen grossen Teil des Filmmaterials ausmachen. Ausserdem ist die Varietät an Rohmaterial gross, das präsentiert wird: Von Aufnahmen, die den malenden Dürrenmatt zeigen, über Monologe der Verwandten bis hin zu Ausschnitten aus Theater- und Prosastücken des Autors. Die Reihenfolge und Art der Zusammenstellung macht anfangs wenig Sinn für den Zuschauer und überfordert ihn schlichtweg. Erst nach und nach entdeckt man den Wert des Films, es handelt sich um ein intimes Porträt eines vielseitigen Menschen mit kuriosen, aber nüchternen Weltansichten. Diese vermag er meisterhaft in Bilder und Worte zu fassen. Passend sind viele Aphorismen durch den ganzen Film gestreut, bescheiden, aber den Nagel auf den Kopf treffend.

 

Szenenbild (© Henriette Grindat / Fotostiftung Schweiz)

 

Wenn auch die Dinge, die über den Menschen gesagt werden, meist positiv sind, so bekommt man doch Einsicht in die Schattenseiten des Familienlebens: Dürrenmatts Frau litt an Depressionen, die ihren Mann ebenso wie sie selbst herunterzuziehen vermochten, die Eltern verschrieben sich ganz dem Werk des Autors und vernachlässigten die Kinder darüber.

 

Begleitet werden die emotionalen Berichte meist von Klaviermusik, komponiert von der Tochter Dürrenmatts. Während die Stücke generell gut zum Inhalt passen, wird leider besonders ein Stück zu oft wiederholt, bis man die Musik fast störend findet. Im Höhepunkt des Films wird zudem ein Stück der Berner Band Züri West instrumental im Hintergrund abgespielt, was gut zur Stimmung passt.

 

Ein interessantes Porträt des Menschen Dürrenmatt von intimer Seite. Wer sich für den Autor interessiert, sollte sich den Film ansehen.

 

  • Dürrenmatt - Eine Liebesgeschichte (Schweiz 2015)
  • Regie & Drehbuch: Sabine Gisiger
  • Idee und Produktion: Philip Delaquis
  • Darsteller: Friedrich Dürrenmatt (Archiv-Bilder), Ruth Dürrenmatt, Verena Dürrenmatt, Peter Dürrenmatt
  • Laufzeit: ca. 76 Minuten
  • Verkaufsstart: bereits im Handel erhältlich

 

 

Jonas Stetter / Mo, 11. Apr 2016