6 Filme, die uns im zweiten Halbjahr 2019 interessieren
Die grossen Event-Blockbuster sind 2019 fix gesetzt. «Star Wars» (Start: 19. Dezember) hat mit «The Rise Of Skywalker» inzwischen einen Namen, die nicht handgezeichnete Version von «The Lion King» dürfte die Säle füllen und mit «Die Eiskönigin 2» bekommen Elsa-Fans einen Einblick in die Kräfte der eisigen Königin. Für solche Filme ist das Kino erfunden worden, um Märchen zu erzählen, Emotionen zu erzeugen und Kinder- und Elternaugen zum Leuchten zu bringen.
Kino ist aber auch für die kleinen Filme interessant, jene Streifen, die nicht auf eine bereits bestehende Film-Serie setzen können und die dafür mit kreativen Ideen zu begeistern wissen. Die Mischung aus beiden Filmströmungen macht Kino so spannend und so attraktiv. Da wir schon zu Beginn des Jahres auf die etwas grösseren Filme geschaut haben (Link), kümmern wir uns in der Halbzeit um die «kleinen», aber potentiellen Hits.
Yesterday (Kinostart: 11. Juli)
Der neue Film von Danny Boyle (Regie-Oscar® für «Slumdog Millionaire») zeichnet eine Idee, die so simpel wie genial ist. Der Filmtitel ist hier nämlich durchaus Programm. Der Songwriter Jack Malik erwacht nach einem Unfall und bemerkt eines Abends in einer Runde mit Freunden, dass die Beatles nicht existieren und er der einzige Mensch ist, der sich an die Fab Four erinnern kann. Was tun? Malik gibt die Klassiker als seine eigenen aus, etwa das titelgebende «Yesterday». Kann doch eh niemand beanstanden, schliesslich ist «es nicht Coldplay», wie eine Kollegin fast schnippisch bemerkt. Der Erfolg lässt nicht lange auf sich warten und so wird Malik zum gefeierten und grössten lebenden Songwriter, ist jedoch bald nicht mehr Herr der Lage.
Danny Boyle hat schon oft bewiesen, dass er als Filmemacher das feine Gespür für liebenswürdige Charaktere besitzt. Die Figuren aus «Trainspotting» sind beispielsweise längst Filmgeschichte. Boyle gelingt es aber bei allem Ernst, mit dem er arbeitet, seinen Filmen einen subtilen Humor zu geben. In «Yesterday» sind das die liebevollen Anspielungen auf die Beatles oder Ed Sheeran, der im Studio herrlich selbstironisch «Hey Jude» schnell in «Hey Dude» umtaufen würde. Mit dem Cast um den eher unbekannten Himesh Patel in der Hauptrolle sowie Lily James («Mamma Mia 2») und Comedian Kate McKinnon («Bad Spies») ist der Film prominent besetzt. Aber der heimliche Star ist die Aura um die Beatles.
Trailer zu «Yesterday»
Skin (Kinostart: 25. Juli)
Die Prämisse klingt bekannt und erinnert etwas an «American History X». Das muss aber nicht schlecht sein, ist doch der Neo-Klassiker mit Edward Norton so brutal wie genial. In «Skin» spielt Jamie Bell («Billy Elliot») den Nazi-Aussteiger Bryon, der von zwei glühenden Anhängern der White-Supramecy-Bewegung gross gezogen wurde. Der Körper von entsprechenden Tattoos übersät, der Hass tief im Herzen vergraben. Erst als er sich in eine alleinerziehende Mutter verliebt, beginnt in Bryon ein Wandel und er fängt an, sich von der ultrarechten Szene abzuwenden. Doch seine Familie will ihn nicht kampflos gehen lassen.
Guy Nattiv hat 2019 den Oscar® für den besten Kurzfilm erhalten. Der Film heisst ebenfalls «Skin», hat thematisch aber nicht direkt mit dem Spielfilm zu tun. Es zeigt aber, dass Nattiv sein Handwerk versteht. Das Thema Rassismus ist aktuell allgegenwärtig und «Skin» basiert auf einer wahren Geschichte. Das ist beängstigend genug, aber die Darstellungen von Jamie Bell in der Hauptrolle und Vera Farmiga («The Conjuring»-Reihe) als Muttter zwischen Hass und der Liebe zum Sohn sind atemberaubend. Als Entdeckung gilt schon jetzt Danielle Macdonald («Bird Box», «Dumplin‘») als junge Mutter, die Bryon zum Umdenken bringt.
Trailer zu «Skin»
Blinded By The Light (Kinostart: 22. August)
Musikfilme bzw. Biografien sind im Moment gerade sehr in Mode. «Bohemian Rapsody» ist der bislang erfolgreichste Musikfilm überhaupt und die Kritiken zu «Rocketman» sind voller Lob. Nach Queen und Elton John ist neben den Beatles in «Yesterday» auch Bruce Springsteen ein Thema. Allerdings weniger er selbst als eher seine Songs. In «Blinded By The Light» - lustigerweise ist der titelgebende Song eher durch die Manfred Mann’s Earth Band bekannt - funktionieren die Hymnen als Kompass durch ein Leben in der Arbeiterklasse.
Regisseurin Gurinder Chadha hat bereits in «Kick It Like Beckham» von den Kämpfen innerhalb der Familie erzählt und das tut sie erneut. Angesiedelt im Jahr 1987 während der Thatcher-Ära findet der junge Javed seine Persönlichkeit und beginnt das aus seiner Perspektive nervige Leben zu leben. Die Offenbarung ist dabei ein Song vom Boss. Plötzlich ist Javed geblendet und sieht, wohin er will. Doch ganz so einfach ist das Leben als Teenager im England der 1980er dann doch nicht.
Genau von diesen Irrungen und Wirrungen im Leben handeln Springsteens Songs oft. Der Ansatz, nicht den Boss in den Fokus zu setzen, sondern stellvertretend die Songs begleiten zu lassen, klingt sehr interessant.
Trailer zu «Blinded By The Light»
Midsommar (Kinostart: 10. Oktober)
Nach dem hervorragenden Echo auf sein Spielfilm-Debüt «Hereditary» macht sich Ari Ari Aster auf nach Schweden und führt ein us-amerikanisches Paar mit einer Gruppe Freunden in ein seltsames Festival irgendwo in der Landschaft Schwedens. Ein Touch von Hippie-Leben macht sich breit, es werden Rituale in weissen Gewändern durchgeführt, auf Wiesen getanzt. Doch mit der Zeit wird dem Paar der Spuk unheimlich, denn es passieren nicht erklärbare Dinge. Verbirgt die Gemeinschaft etwas?
«Hereditary» erntete sehr viel Lob für seinen spannenden Aufbau, allerdings ist bei genauer Beobachtung vieles schon bald durch die Holzhammer-Symbolik klar vorherzusehen. Aber der Film hat durchaus starke Seiten, vor allem visuelle, und für ein Debüt ist er sehr gut gelungen. Doch jetzt muss sich Aster beim zweiten Spielfilm beweisen. Kann er erneut ein Netz aus Doppeldeutigkeiten und Geheimnissen aufbauen und wie gut ist das junge Ensemble? «Hereditary» lebt nämlich mindestens zu Hälfte von den brillanten Darstellern um Toni Collette. Sollte «Midsommar» so interessant, spannend und in den richtigen Momenten gruslig sein, könnte der Film erneut ein Hit für Ari Aster werden und dieser dürfte sich endgültig als Horror-Experte etablieren.
Trailer zu «Midsommar»
Scary Stories to tell in the Dark (Kinostart: 24. Oktober)
Hinter «Scary Stories to tell in the Dark» steckt ein ganz grosser Name im internationalen Fantasy-Kino, nämlich Guillermo del Toro («Hellboy», «Shape of Water») und der hat sich für die Adaption der vor allem in den USA in den 80ern berühmten Grusel-Bücher einen talentierten Mann geholt. André Øvredal hat mit «Die Autopsie der Jane Doe» einen kleine, fiesen und klaustrophobischen Gruselthriller geschaffen. Jetzt inszeniert er die dunklen Geheimnisse einer Stadt.
Der Film ist im Jahr 1968 angesiedelt. Aufbruch liegt in der Luft, die sexuelle Revolution und die Hippie-Bewegung sind auf dem Höhepunkt. Im verschlafenen Städtchen Mill Valley ist davon wenig zu spüren. Die Stadt hat viel mehr mit dem Geheimnis der Familie Bellows zu tun. Auf deren Anwesen verarbeitet Sarah, die dunkle Geheimnisse hat, ihr Innerstes in Scary Stories und schreibt diese auf. Als eine Gruppe Jugendlicher Sarah entdeckt und merkt, dass ihre Geschichten etwas zu real werden, ist es fast zu spät.
Trailer zu «Scary Stories to tell in the Dark»
Doctor Sleep (Kinostart: 21. November)
Nach 44 Sekunden ist im Trailer gross REDRUM zu lesen. Film- bzw. Horrorfans wissen jetzt sofort, um was es geht. «Doctor Sleep» ist die Fortsetzung des Klassikers «The Shining». Macht das so spät noch Sinn? Aus zwei Gründen schon. Erstens ist im Fokus der inzwischen erwachsene Danny, was den Film 39 Jahre nach dem Original schon eine gewisse Glaubwürdigkeit verleiht. Zweitens stammt die Fortsetzung ebenfalls aus der Feder von Stephen King, der schon die Literaturvorlage zum Original geschrieben hat. Auch wenn King den diskussionslosen Klassiker von Stanley Kubrick nie mochte, so hat der Film der Marke Stephen King keinesfalls geschadet. Wenn man möchte, könnte als drittes Argument das Team um «Doctor Sleep» ins Feld geführt werden. Regisseur Mike Flanagan hat mit der stimmungsvollen und geduldig erzählten Serie «The Haunting Of Hill House» (auf Netflix verfügbar) bewiesen, dass er Grusel versteht. Im Cast sind zudem Namen wie Ewan McGregor oder Rebecca Ferguson.
Die Geschichte folgt dem inzwischen erwachsenen Danny Torrence, der viele Jahre nach dem Drama in den Bergen ein Mädchen trifft, das ähnliche Kräfte besitzt, wie er. Danny entschliesst sich, dem Mädchen zu helfen, denn sie wird von einem Kult bedroht, der begabten Kindern die Unsterblichkeit verspricht. Das klingt erstmal nach nicht viel, aber der Trailer macht ganz klar eine Verbindung zu Dannys Vergangenheit und scheint sich zumindest in diesem Punkt an den Roman zu halten. «Doctor Sleep» könnte ein kleines Juwel zum grossen Diamanten von 1980 werden, aber leicht auch ein Rohrkrepierer. Das herauszufiinden wird zumindest spannend.
Trailer zu «Doctor Sleep»
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Credits Titelbild: «Blinded By The Light» © 2019 Warner Bros. Ent. All Rights Reserved. / «Yesterday» © Universal Pictures International Switzerland. All Rights Reserved. / «Skin» © Ascot Elite Entertainment Group. All Rights Reserved.