Man wird menschlicher, wenn man ein Verlierer ist.

Interview mit LOSERS
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Pressebild © Sammi Doll

Mit dem neuen Album «…And So We Shall Never Part» im Gepäck, besuchte die Band LOSERS als Support von The Sisters of Mercy das X-TRA in Zürich. Tom Bellamy, den man als Mitglied von The Cooper Temple Clause kennt, und Paul Mullen haben wir kurz vor ihrem Auftritt zu einem Interview getroffen und sie haben uns erzählt, weshalb sie den Bandnamen LOSERS gewählt haben oder wie es dazu kam, dass der Trailer von «Game of Thrones» mit ihrer Musik untermalt wurde. 

 

Tom, du bist mit dem Pseudonym Rhysmix auch DJ und Eddy ist auch ein erfolgreicher DJ. LOSERS hat eigentlich als DJ-Projekt begonnen. Zuerst habt ihr Remixes gemacht. Wann habt ihr entschieden, als Band mit eigenen Songs zu starten?

 

Tom: Wir haben etwa zehn Remixes gemacht und viele sehr gute Reaktionen dafür erhalten. Unser Manager hat uns dann geraten, unsere eigenen Sachen zu machen. Denn es hat uns nicht allzu viel eingebracht, Remixes zu machen – ausser dass unser Namen unter die Leute gebracht wurde. Aber ich mache auch richtiges Material und das Plattenauflegen langweilte mich etwas, es war nicht wirklich meine Szene. Wir haben die Songs dann ein paar Freunden vorgespielt und die mochten das Material sehr, weshalb wir dann weitergemacht haben. Es war wie ein natürlicher Entstehungsprozess. 

 

Wenn wir die Mitglieder der Band anschauen, so seid ihr eine Art Supergroup. Weshalb habt ihr den Bandnamen LOSERS gewählt?

 

Tom: Das war Eddys (Bassist der Band, Anm. d. Red.) Idee. Er hatte den Bandnamen schon bevor ich ihn getroffen habe. Er hat schon einige Remixes unter diesem Namen mit anderen Leuten gemacht. Ich glaube, er hat diesen Namen gewählt, weil er genug hatte von der Amerikanischen Einstellung, dass man alles gewinnen und immer der Beste sein muss. Es geht weniger darum, teilzunehmen, sondern darum, zu gewinnen. Eddy mag irgendwie die unbekannten Helden und man muss nicht gewinnen, um ein grossartiger Typ zu sein.

 

Paul: Man wird menschlicher, wenn man ein Verlierer ist. Denn so findet man wirklich heraus, wer man ist. Wenn man mit einer Truppe Verlierern zusammen ist, so herrscht irgendwie eine gute Stimmung. Man ist zusammen und man stellt etwas auf die Beine. Es ist definitiv eine positive Art von Verlierern und keine negative. Wir sind alles Verlierer oder waren es mal an einem Punkt in unserem Leben, aber wir machen hoffentlich etwas Positives daraus. 

Tom: Unvollkommenheit ist das Wichtige!

 

Das neue Album und auch der letzte Track heissen «…And so shall we never part». Was ist bei LOSERS anders und weshalb wird es keine plötzliche Auflösung der Band geben, wie Tom es mit The Cooper Temple Clause hatte?

 

Tom: Glücklicherweise haben wir in dieser Band die volle Kontrolle, was völlig anders ist, als es mit den Coopers war. Also zu Beginn hatten wir dort schon auch die Kontrolle, aber die Band wurde grösser und grösser und zu viele Leute wurden involviert und Entscheide wurden gefällt, die nicht von uns kamen. Uns wurde gesagt, was wir zu tun hätten. Deswegen gab es Risse in der Musik, zwischen den Bandmitgliedern sowie zwischen Band und Plattenfirma. Das Ganze ging weiter und weiter auseinander und die Kontrolle ging total verloren! LOSERS sind zu 100% wir. Bisher hatten wir keine Einmischung von aussen. Wir haben jetzt die ganze Zeit darauf aufgebaut und wollen es auch weiterhin so durchziehen. Das haben wir auch unserem Management so mitgeteilt. Wenn es mit LOSERS in die Hose gehen sollte, so wäre es alleine unsere Schuld. 

Paul: Das ist auch die beste Art. Wir sind alle durch dieses Major-Label-Ding durchgegangen. Ich will damit nicht sagen, dass wir bei keinem Major-Label unterschreiben würden. Wir mögen gute Beeinflussung, solange sie auch eine positive Auswirkung hat. Bei uns gibt es niemanden im 3. Stock eines Gebäudes, den wir nie gesehen haben und der dann einfach «Nein» auf einer Tastatur schreibt, wenn wir touren möchten. Wir treffen alle Entscheidungen selber und das ist grossartig!

 

 

Paul: Es sind drei Köpfe, die sich treffen. Eddy ist schon seit vielen Jahren ein DJ für Rock–, Dance–  und Crossoversachen, Tom produziert viel und macht düsteren Rock, der immer gitarrenbasiert ist, aber auch eine elektronische Seite hat, und ich komme mit einem Hintergrund in Rock und Pop.

 

 

Paul, du bist auf das neue Album hin zur Band hinzugekommen, bin ich da richtig informiert?

 

Paul: Genau, ich bin für etwa zwei Monate in Toms Gästezimmer eingezogen, da ich mit einer kleineren Band in London Aufnahmen gemacht habe. Ich brauchte einen Platz zum Schlafen, da ich mich gerade von meiner Freundin getrennt hatte. Am letzten Tag dann haben wir entschieden, zusammen einen Titel zu schreiben, bei dem ich Gastgesang mache. Das kam ganz gut und er ist jetzt auch auf dem Album. Der Song heisst «Half Built House». Ich habe dann auch bei einem Konzert im Lexington in London den Gastgesang übernommen. Von dort aufbauend haben wir damit angefangen, mehr zu schreiben und mehrere Projekte aufzubauen. Also nicht nur LOSERS, sondern wir haben verschiedene Dinge, an denen wir dran sind. Es wurde eine sehr gute Partnerschaft mit Tom und auch mit Eddy.

 

Das neue Album ist ziemlich anders. War es Paul, der diesen neuen Stil beeinflusst hat?

 

Tom: Absolut!

 

Paul: Es sind drei Köpfe, die sich treffen. Eddy ist schon seit vielen Jahren ein DJ für Rock–, Dance–  und Crossoversachen, Tom produziert viel und macht düsteren Rock, der immer gitarrenbasiert ist, aber auch eine elektronische Seite hat, und ich komme mit einem Hintergrund in Rock und Pop. Es ist also definitiv ein Zusammenkommen von diesen drei Köpfen. Wenn man sich zum Beispiel den ersten Song «Azan» anhört, so ist es ein sehr düsterer Titel, der in die Richtung von Nine Inch Nails oder auch Depeche Mode geht. Auf der anderen Seite steht ein Song wie «Oblivion», der elektronische Elemente hat, aber ein Popsong ist.

 

Paul, hast du somit «Oblivion» geschrieben, wenn du vom Pop her kommst?

 

Paul: Nein, «Oblivion» handelt von einem Festival in Nord-London, an das wir jedes Jahr gehen. Es heisst Secret Garden Party. Wir wollten einen Song über ein Festival schreiben und haben dieses Festival gewählt. 

Tom: Der Song ist zu je 50 Prozent von Paul und mir geschrieben. Es ist etwas anders, im Vergleich zum ersten Album. Das waren Eddys Ideen, die ich für ihn aufgenommen habe. Es war also ein Album, das er machen wollte. Das zweite Album war dann dasjenige, das ich machen wollte. Paul hat also verschärft, was ich immer tun wollte. 

Paul: Tom hatte ein Studio in Nord-London. Es spielte also immer eine Rolle, in welcher Laune wir gerade waren. Entweder haben wir einen Song aufgenommen oder einfach Gitarre und Synthesizer angeschlossen, Sounds produziert und geschaut, was passiert. Der Schalter für die Kreativität sollte immer eingeschaltet sein, aber dafür spielt halt auch eine Rolle, in welchem Zustand man aus dem Bett kommt. 

Tom: Es ist natürlich praktisch, dass ich mein eigenes Studio habe. Paul und ich leben in diesem Studio, das auch noch weitere Räume hat, somit könnten wir jederzeit aufnehmen.

 

Ihr habt das Album mit PledgeMusic finanziert. Wie waren eure Erfahrungen mit Crowdfounding?

 

Tom: Ich habe gestern Abend in München ein Mädchen getroffen, das ihre DJ-Lektion von Eddy immer noch nicht bekommen hat. Sie war etwas verärgert darüber. Sorry Christine! Wir haben aber schon ziemlich viel gemacht. Beispielsweise gaben wir eine Playback-Party oder ein Konzert in unserem Studio und hatten dort jeweils einige Fans. Es ist schön, mit den Leuten zu interagieren, denn wir sind ja auch ganz normale Menschen. Wir machen einfach Musik und die Leute mögen – glücklicherweise – unsere Sachen.

 

Paul: Hier kommt auch wieder das Kontrollding rein, das wir in den vorherigen Bands nie hatten. Wir waren Hersteller, Vertreiber und Produzenten in einem. Wir haben absolut alles gemacht. Jede Band, die das machen möchte, braucht ein gutes Geschäftsmodell oder eine gute Geschäftsidee, denn es ist eine Menge Arbeit und es ist auch wirklich taff, alles herauszubringen und die Fristen einzuhalten. Im Grunde ist es wie in jedem Job, aber Musiker sind ja üblicherweise nicht unbedingt Geschäftsmänner. Es war aber schon toll, sich mit den Leuten zu verbinden und wir bekamen auch gute Rückmeldungen. Es war eine richtig gute und erfolgreiche Kampagne. Dabei hat uns auch geholfen, dass wir mit Gary Numan und nun mit den Sisters of Mercy auf Tour gehen konnten. 

Eure Musik wurde schon für TV-Serien, wie dem Trailer zur 4. Staffel von «Game of Thrones» oder der neuen Serie von Michael Bay, «Black Sails», verwendet. Wie kam es eigentlich dazu?

 

Tom: Als wir angefangen haben, hat sich unser Management gerade in Los Angeles niedergelassen und wir sind mit ihnen in Kontakt geblieben. Glücklicherweise haben sie einige unserer Lieder Film-Produzenten vorgespielt. Auf unserem ersten Album hatten wir auch schon einen Song, der «Azan» heisst, und der den Leuten in Hollywood offenbar sehr gefallen hat. Jedenfalls ist er in vielen TV-Sachen gelandet. Ich schaue selbst nie TV, daher weiss ich nicht genau, wo er überall vorkam. Wir hatten da einfach sehr grosses Glück, dass wir in diese Welt hineinkamen. Ehrlich gesagt ist das der einzige Bereich im Musikgeschäft, bei dem man noch Geld macht. Bei Plattendeals bekommt man nicht mehr viel und es ist schwierig, einen Verlag zu finden. Live zu spielen ist auch fast unmöglich, wenn man fünf Leute in der Band hat, einen Van mieten muss, das Benzin bezahlen und eventuell noch zusätzlich Session-Musiker bezahlen muss. Man legt da immer drauf. Deshalb sind wir sehr glücklich, dass wir das am Laufen haben und somit ein bisschen mehr Freiraum für andere Dinge geniessen. Aber wir schreiben überhaupt nicht gezielt für Filme oder fürs Fernsehen.

 

Paul: Irgendwann möchten wir das aber bestimmt sehr gerne machen. Es wäre sicher schön, einen Soundtrack aufzunehmen. Aber jetzt machen wir einfach, was wir wollen und es wird aufgegriffen von HBO und Hollywood. Das ist natürlich grossartig, aber auch komisch und abgefahren. Speziell der «Game of Thrones»-Trailer war super.

 

Tom: Als ich davon erfuhr, habe ich einen sehr hohen Schrei rausgelassen.

  

 

Tom: Wir würden sehr gerne wiederkommen. Am liebsten würden wir die ganze Zeit live spielen. Es kommt halt einfach drauf an, ob wir es uns leisten können. In diesem Jahr haben wir aber sehr viel im Studio gearbeitet und versuchten, so viel wie möglich aufzunehmen.

 

 

Ihr habt aber gesagt, dass ihr euch diese Serien nicht anschaut?

 

Tom: «Game of Thrones» habe ich die ersten Staffeln mit meiner Freundin angeschaut. Aber all die anderen, wie zum Beispiel «The Ringer», «The Happening», «The Following», «CSI», «Criminal Minds» oder «The Rain», kenne ich alle nicht.

 

Paul, du hattest aber auf deinem Instagram-Account auch ein Bild mit Aaron Paul aus «Breaking Bad».

 

Paul: Ja genau. «Breaking Bad» ist definitiv eine der besten Serien, die es je gegeben hat. Das Bild entstand bei der Aftershow-Party von einem Radiohead-Konzert. Wir wurden danach auch beide hinausgeschmissen.

 

Tom: Du und er?!

 

Paul: Ja genau. Und noch ein Mädchen aus Big Brother. 

 

Tom, du warst bei The Cooper Temple Clause dabei. Verfolgst du die Post-TCTC-Ära-Projekte noch, wie zum Beispiel Red Kite, Type Two Error oder auch Black Onassis, die mit Ben Gautrey einen Song aufgenommen haben?

 

Tom: Ich habe das Album von Red Kite produziert – ich bin denen also sehr nahe. 

Paul: Das war mein Soundtrack, wenn ich verkatert war. Sie haben am Album gearbeitet und ich war gleich nebenan im Zimmer. Ich wachte also auf und hörte die ganze Zeit Red Kite. Ein tolles Album!

 

Das LOSERS-Album ist ja sehr nahe bei der Musik von The Cooper Temple Clause, Red Kite gehen da schon eher in eine andere Richtung.

 

Tom: Das habe ich schon mehrere Male gehört. Leute kommen zu mir und sagen, dass sie jetzt sehen, wer welchen Einfluss bei The Cooper Temple Clause hatte. Dan Fisher war offensichtlich der Songschreiber und ich habe den Sound gemacht, was auch so war. Als wir noch mit den Coopers unterwegs waren, wussten die Fans das nicht, aber nun kann man es aufgrund der Projekte heraushören. Die Musik von uns ist immer noch ähnlich wie jene der Cooper Temple Clause. Dan ist ein Songwriter und Ben und Kieran mögen es einfach abzurocken!

 

Kann man bald auch eine Headline-Tour von LOSERS erwarten?

 

Paul: Ja, auf jeden Fall, wir möchten das sehr gerne. Wir müssen nur schauen, dass es zeitlich geht und die finanzielle Situation stimmt, damit wir unterwegs auch noch was essen können. Wir schauen jetzt mit ein paar Lokalitäten und spielen einige Festivals während des Sommers, aber im Oktober und November werden wir schauen, dass wir wieder kommen.

 

Tom: Wir würden sehr gerne wiederkommen. Am liebsten würden wir die ganze Zeit live spielen. Es kommt halt einfach drauf an, ob wir es uns leisten können. In diesem Jahr haben wir aber sehr viel im Studio gearbeitet und versuchten, so viel wie möglich aufzunehmen. Wenn die Leute uns also wollen, werden wir kommen und spielen.

 

LOSERS - «Azan»

 

Hansjürg Stämpfli / Fr, 06. Jun 2014