Wie ein Besuch alter Freunde: Stereophonics in Zürich

Konzertkritik: Stereophonics in Zürich
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Bäckstage

«Maybe Tomorrow» war an diesem Donnerstag im Februar ein frühes Highlight im Set der Sterophonics. Das ist einerseits bemerkenswert, weil der Song vom «L.A. Crash»-Soundtrack wohl der bekannteste Song der Band und ein gewissen Risiko damit verbunden ist, diesen nach gut einem Fünftel des Sets zu spielen. Andererseits belegte die Band eben genau mit diesem Kalkül, dass sie mehr sind als «Die Band mit dem einen Hit». Fast demonstrativ entschleunigten sie zudem den sonst schon entspannten Song sanft und verliehen der Nummer durch den variantenreichen, gleichzeitig aber eleganten Anzug nochmals Drive. Interessant zu beobachten. Spätestens hier war klar, die Stereophonics würden auch bei diesem Konzert das Versprechen halten, das sie mit Konzerten in den letzten zwei Dekaden selbst gegeben haben. Spielfreudig, aber cool zeigte sich die sechsköpfige Truppe aus Wales. Am Schluss des Songs wollte Frontmann Kelly Jones das Publikum dann auch hören. «Louder, common», forderte er. Da war die Band längst im Konzert angekommen.

 

Talent für Storytelling

 

Das Design der Bühne zeigte sich schlicht, aber effektiv. Im Hintergrund warenvier Scheinwerfer auf Ständern arrangiert, dahinter ein weisses Tuch und Lichterketten, wie sie in jedem Baumarkt zu kaufen sind. Dazu dezentes Licht, regelmässig reflektiert vom weissen Tuch. Wer in der ersten Reihe stand oder auf dem Balkon sass, bemerkte vielleicht die schmale, über die volle Länger der Bühne gezogene weisse Lichtlinie, die in den passenden Momenten das Geschehen in harmonisches Licht tauchte. Ideal komponiert und passend zum entspannten Sound der Stereophonics. Hier steht die Musik im Zentrum.

 

Vor den Stereophonics stand die stand mit Nadia Sheikh eine junge Songwriterin aus England auf der Bühne, die ein kleines Versprechen an die Zukunft ist. Die Musikerin mit spanischen Wurzeln zeigte sich versiert auf der Bühne, interagierte mit dem Publikum wie eine alte Showhäsin und zeigte auch in ihren Songs viel Talent, ob an der akustischen Gitarre oder mit E-Saiten. Mit Band im Rücken und knackigem Indie-Rock hat sie das Warten auf die Stereophonics angenehm verkürzt.

 

Fotos: © Bäckstage.ch

 

Die Stereophonics setzen stark auf ihre Kompetenz als Songwriter und erzählen Geschichten. Das war schon immer ihr Markenzeichen. Aber das musikalische Gewand für die Songs gleicht sich manchmal schon ziemlich. Erwischt man sich aber am Konzert beim Gedanken, sich etwas eingelullt zu fühlen und gar nicht so recht zu wissen, ob der Song schon gewechselt hat, haut die Band wie zum Gegenbeweis einen veritablen Rocker raus oder überrascht durch ein Aufbrausen innerhalb eines Songs wie bei «Step On My Old Sizes». Die Songs der Band waren natürlich schon immer sehr filmisch, arbeiten mit Dramaturgie und erzählen Geschichten, wie etwa in «Grafitti on the Train», einem schönen Bespiel für genau dieses Talent des Storytelling. Der Song handelt von Graffiti an Zügen, die eine Liebesbekundung sein könnten. Jedenfalls sinniert der Text davon. Entstanden ist er, weil in mehreren Nächten Sprayer über das Dach von Sänger Kelly Jones gelaufen sind, um überhaupt an die Geleise bzw. die Züge zu kommen. Daraus hat er die Geschichte gezimmert.

 

Wie als Motto des Abends dient der Song «Have a Nice Day», denn schon nach einer guten halben Stunde ist klar: Die Stereophonics beherrschen ihr Handwerk noch immer und es geht schlicht um einen guten Konzertabend. Etwas poppiger klingen sie inzwischen, leicht geerdeter, aber wenn die Gitarrensoli zünden und den Charme von Frontmann Jones unterstreichen, ist man dort, wo man hin will, wenn man an ein Konzert der Stereophonics geht. Es ist wie der Besuch von alten Freunden, die man lange nicht gesehen hat, mit denen man sich aber sofort wieder versteht. Das ist durchaus als Prädikat für die Qualität der Band zu verstehen.

 

Die Stereophonics haben in Zürich gezeigt, dass sie nach über fünfundzwanzig Jahren und elf Alben noch neues Leben in ihren Songs finden.

 

Bäckstage Redaktion / Sa, 08. Feb 2020