Mit Synthie-Pop-Kiffer-Sound ins Parallel-Universum
Nachdem Kosheen im letzten Jahr am Gurtenfestival gespielt haben, kam das Trio aus Bristol vergangenen Freitag erneut in die Schweiz und spielte ein intimes Konzert im Zürcher Komplex Klub. Doch bis es soweit war machte die Berner Band Sonntag von sich reden. Kaum jemand kannte bis zu diesem Zeitpunkt die Band, um so erstaunlicher war es zu sehen, wie Sonntag beim Publikum innert kürzester Zeit eine Mischung aus Entspannung und Ekstase auslösten.
Sonntag-Kiffer-Sound
Die Band um Pascal Sonntag, dem Mann an den Synths, überzeugte mit ihrem, wie es einige der Konzertgänger nannten, entspannten Synthie-Pop-Kiffer-Sound, der nicht zuletzt durch die von Leichtigkeit getragene Stimme von Sängerin Vera Schär entstand. Bei Songs wie «No Blossom» oder «What To Wear» ab ihrer Platte «Kaffee und Techno» war Schärs Stimme immer präsent und lud zum Träumen ein, war aber nie aufdringlich. Dabei erinnerte der Sound stellenweise an das New Yorker Elektro-Pop-Duo MSMR. Eines haben Sonntag und Kosheen jedenfalls jetzt schon gemeinsam: Sie nur einem Genre zuzuordnen, ist geradezu unmöglich – und das ist auch gut so.
Während man vom Sonntags-Kiffer-Sound schon etwas benebelt war und sich in einer Art Parallel-Universum befand, trieben Kosheen die Tiefenentspannung weiter auf die Spitze. Doch als Kosheen-Sängerin Siân Evans auf die kleine Komplex-Klub-Bühne kam, gab es doch noch einen kurzen Dämpfer. Denn nebst der Tatsache, dass die lange schwarze Mähne von Evans einem Kurzhaarschnitt gewichen war, war auch sie selbst kaum wiederzuerkennen. Ihre früher durchaus ansprechende Silhouette ist einem üppigen Klangkörper gewichen. Nach dem kurzen Aufblitzen der Realität ging es aber schnell wieder zurück in die Tiefen des Parallel-Universums.
Ein Trip folgte dem Nächsten
Ein Kosheen-Kracher reihte sich an den nächsten. Exzentrische Bewegungen von Siân Evans begleiteten jeden der Songs und irgendwie wurde man das Gefühl nicht los, dass nicht nur das Publikum auf einem durch die Musik erzeugten Trip war, sondern auch Evans etwas nachgeholfen hatte. Das würde auch erklären, warum sie sich plötzlich wie von einer unsichtbaren Macht besessen auf dem Boden wälzte.
Nichts desto trotz, das Publikum war begeistert. Kosheen brachten den Trip-Hop abermals zum Aufblühen und begossen ihn mit Underground und Electro-Pop. Keiner der Kosheen-Hits, ob «Wish You Were Here», «Hungry» oder «I Want It All» fehlte und so kam doch jeder auf seine Kosten. Nach gut 90 Minuten und einer a cappella eingestimmten Version von «Dependancy» und der lautstark geforderten Zugabe «Catch» war das Set komplettiert. Das Resümee von knapp drei Stunden Komplex Klub: Kosheen haben einen soliden Auftritt abgeliefert, doch Sonntag war das Überraschungshighlight des Abends. Die junge Schweizer Band zeigte eindrücklich, dass es sich lohnt, sie in Zukunft nicht nur als Support-Act live zu hören.