Ein bisschen Finnland in Solothurn

Konzertkritik: Tarja und Stratovarius
Bildquelle: 
Kofmehl.net / © Vincenzo Barbagallo

Ein paar wenige Tickets waren noch übrig. Möglich, dass auch diese im Verlauf des früheren Abends noch verkauft wurden. Jedenfalls war das Kofmehl in Solothurn proppenvoll am Samstag, 13. Oktober. Grund dafür waren gleich zwei Headliner aus Finnland.

 

Wir beginnen aber vorne, beim Support-Act aus England. Serpentyne ist eine fünfköpfige Band unter dem Lead von Frontfrau Maggiebeth Sand. Ihrer glockenhellen Sopranstimme wegen könnte man die Briten dem Symphonic Metal zuordnen - musikalisch mögen sie es jedoch lieber folkig. Das ergibt einen interessanten Mix aus altertümlichen Melodien, rockigen Gitarrenriffs und einer schönen Stimme. Die eigentümliche Richtung wird mit leicht übertriebener, mittelalterlich anmutenden Kleidung inszeniert und von Instrumenten wie Dudelsäcken Oder Hurdy Gurdys unterstützt. Leider war gerade der Teil mit der Stimme in der Live-Version nur bedingt zu hören. Das Mikrophon der Sängerin war so leise eingestellt, dass man sie nicht einmal richtig verstand, als sie zwischen den Songs etwas schüchtern zum Publikum sprach. So kam es, dass die Stärke von Serpentyne besonders in den instrumentalen Stücken lag, was der Stimmung im Publikum aber keinen Abbruch tat. 

 

So waren die Zuschauer nun aufgewärmt und bereit für eine etwas härtere Gangart. Auch Stratovarius mischen zwar Klassik und symphonische Melodien in ihren Metal, live ist die Musik der Finnen aber um einiges härter. Leider war auch hier besonders zu Beginn meist entweder das Mikrophon von Sänger Timo Kotipelto, oder die Gitarre von Tomas Kupiainen zu leise. Schade, denn die herausragende Stimme und die überragenden Gitarren-Soli hätten gerne mehr Raum bekommen dürfen. Nach einer Weile haben sich die Ton-Probleme aber zum Glück etwas eingependelt. 

 

Da Stratovarius schon sehr viele Alben veröffentlicht haben, gestaltete sich die Setlist sehr abwechslungsreich. Lediglich «Visions» von 1997 und «Destiny» von 1998 waren mit drei beziehungsweise zwei Songs mit mehreren Stücken vertreten. Bei Stratovarius wurde der Unterschied zu Serpentyne mehr als deutlich. Wo sich die Briten eher zurückhaltend präsentiert haben und keine allzugrosse Verbindung zum Publikum hatten (der Gitarrist trug sogar eine Sonnenbrille), traten die Finnen sehr selbstbewusst, charismatisch und vor allem sympathisch auf. 

 

Das wurde vom nächsten Act aber sogar noch getoppt. Tarja, einst die erste, ikonische Stimme von Nightwish, nahm sofort das ganze Publikum ein, als sie in ihrem sexy Lederoutfit mitsamt Glitzerkorsett die Bühne betrat. Obwohl Tarja Turunen seit Jahren solo auftritt, ist sie auf der Bühne eins mit ihrer Backing-Band (momentan bestehend aus Alex Scholpp, Christian Kretschmar, Max Lilja, Timm Schreiner und Kevin Chown) und lässt den höchst motivierten Musikern auch öfters mal Platz für ihre grossartigen Soli. 

 

Obwohl ein Clown aus dem Publikum immer wieder «Nightwish» schrie, durfte man davon natürlich nichts erwarten. Wie man weiss, war die Trennung von Band und Sängerin nicht gerade schön, und ausserdem hat Tarja genug eigenes Material, um eine kurzweilige Setlist zu arrangieren. Ganz anders klingen diese Songs, und doch ist es noch unverkennbar Tarja, die hier zu schwindelerregenden Höhen ansetzt und dabei jeden noch so schwierigen Ton trifft als wäre es ein Kinderspiel. Mit ihrer typischen Mimik und Gestik heizt sie das Publikum immer wieder zum Klatschen und Mitmachen an, und kann - trotz der vielen Diva-Gerüchte - gar nicht anders als sympathisch rüberkommen.

 

Stratovarius und Tarja haben also nicht nur die finnische Sauna ins Kofmehl gebracht (die Temperaturen stiegen der Zuschauermasse entsprechend an), sondern auch nordische Gelassenheit und mitreissende Freude an dem, was sie tun. 

 

Die «Nordic Symphony Tour» von Tarja und Stratovarius ist eine wunderbare Idee und scheint ein grosser Erfolg zu sein. Zumindest im Kofmehl hinterliessen die beiden Bands lauter glückselige Gesichter und einige Ohrwürmer. 

 

* Titelbild: mit freundlicher Genehmigung von kofmehl.net / © Vincenzo Barbagallo

 

Seraina Schöpfer / Mi, 17. Okt 2018