In der Ruhe lag die Kraft

Konzertkritik: Katatonia im Dynamo
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Promobild

Eine ungewöhnliche Song-Auswahl erwartete das Publikum am Samstag, 8. Oktober im Zürcher Dynamo. Oder welche Band setzt schon mehr Songs aus einem zehn Jahre alten Album auf die Setlist als aus dem neusten? Katatonia jedenfalls haben das getan. Sechs Songs stammten aus «The Great Cold Distance» von 2006. Auch noch ältere Werke kamen zum Zug; etwa «For My Demons» aus dem Album «Tonight’s Decision» von 1999. Das Publikum hat sich über die Songauswahl jedenfalls sehr gefreut. Dank der ziemlich langen Setlist von 20 Songs war Abwechslung gegeben, und für jeden etwas dabei. Dass das alles auch noch in nicht mal ganz eineinhalb Stunden gepackt werden konnte, war dem Umstand zu schulden (oder eher zu danken), dass von Seiten der Band nur sehr selten gesprochen wurde.

 

Überhaupt wurde keine unnötige Show abgezogen, und im Falle des Sängers war lange Zeit nicht mal klar ersichtlich, ob hinter dem langen schwarzen Haarvorhang überhaupt ein Gesicht existiert. Dass dennoch eine solch spürbare Verbindung zum Publikum herrschte, ist eine der ganz grossen Stärken der schwedischen Metal-Band. Sie schaffen dies mit ihren Songs, die gleichzeitig voller Gefühl und voller Energie sind, und der ruhigen Art, die allen Bandmitgliedern anhaftet.

 

Eine ruhige Art kann man den beiden Support-Bands Vola und Agent Fresco hingegen gar nicht unterstellen. Besonders bei letzterer kam schnell der Verdacht auf, dass sich deren Mitglieder im Hyperaktivitäts-Camp formiert haben könnten. Sie blieben nicht lange allein – die grosse Menge an Energie sprang schnell auf die Zuschauer über. Musikalisch waren die beiden Bands um ein vielfaches eklektischer und elektronischer als Katatonia. Agent Fresco hatte zudem sehr viele poppige Passagen. Gerade durch diese Wechsel gefielen bei beiden Vorbands einige Parts sehr gut, andere dafür überhaupt nicht.

 

Bei Katatonia gibt es die einzigen Minus-Punkte für die Ton-Abmischung. Sänger Jonas Renkse hätte ein ganzes Stück lauter sein müssen. Immerhin lebt der Sound der Dark-Metaller auch von der gefühlvollen Stimme. Zudem war in den leisen oder gar den A Cappella-Passagen immer das Gerede der Zuschauer zu hören. Man konnte sie daher nicht so geniessen, wie es in der Studio-Version mit den Kopfhörern auf den Ohren möglich ist.

 

Vier Zugabesongs wurden dem begeisterten Publikum noch geschenkt. Und zum Schluss sah man dann doch sogar noch Renkses Gesicht. Er lächelte.

 

Emotionen, Energie, Stimmung - alles da. Katatonia ist live auf jeden Fall einen Besuch wert. Auch für Leute, die sonst nicht unbedingt Metal hören.

Seraina Schöpfer / Fr, 14. Okt 2016