Wofür es sich zu kämpfen lohnt
Wenn es draussen kalt, nass und dunkel ist, gönnt man sich auch schon mal einen Zelluloidschinken. Die neuste Kreation dieser Gattung stammt aus dem Haus Wachowski («Matrix»-Reihe, «V for Vendetta»). Neben den Geschwistern nahm auch Tom Tykwer («Lola rennt», «The International») auf der Regiebank Platz. Die drei Filmemacher inszenierten sechs zusammenhängende Geschichten in sechs verschiedenen Zeitepochen mit acht Darstellern, die in je circa sechs unterschiedlichen Rollen zu sehen sind. Die Geschichten werden dabei gleichzeitig erzählt und wir wechseln so während den 172 Minuten mehrmals hin und her.
Bild 1: Adam Erwig mit seiner Verlobten. / Bild 2: Journalisten leben gefährlich. (Mit Maus über Bild fahren)
Sechs Themen werden behandelt, die im Leben eine grosse Rolle spielen. Jede Geschichte widmet sich dabei einem der Motive. Die Bedeutung der Freundschaft zeigt sich dem jungen Erben Adam Ewing (Jim Sturgess, «One Day») zu Zeiten der Sklaverei. Robert Forbisher (Ben Whishaw, «Bright Star», «Das Parfüm») kämpft währenddessen, um die zwei grossen Lieben seines Lebens: Rufus Sixsmith (James D’Arcy, «Hitchcock») und die Kunst der Musik. Nicht weniger mutig setzt Journalistin Luisa Rey (Halle Berry, «Monster Ball») ihr Leben aufs Spiel, um die Wahrheit bei einem AKW-Skandal ans Licht zu bringen. Den Wunsch nach Freiheit verspürt der vom Unglück verfolgte Timothy Cavendish (so lustig wie nie zuvor: Jim Broadbent, «Moulin Rouge», «Iris»), als er versucht aus dem Altersheim zu entfliehen. In naher Zukunft kämpft unterdessen der weibliche Klon Sonmi-451 (Doona Bae) für ihre Selbstbestimmung und gibt in der postapokalyptischen Zukunft Zachry (Tom Hanks, «You’ve got Mail», «Sleepless in Seattle») die Hoffung zu überleben.
Bild 1: Das Altersheim ist etwas für Verlierer. / Bild 2: Zachery in der postapokalyptischen Welt.
Freundschaft, Liebe, Freiheit, Wahrheit, Selbstbestimmung und Hoffnung waren ebenso zentrale Leitmotive in «V for Vendetta», an dessen Filmset Natalie Portman David Mitchells Roman «Cloud Atlas» las und auf den daraufhin die Wachowskis aufmerksam wurden. Mit Tom Tykwer fanden sie einen mehr als geeigneten Partner, um die als unverfilmbar geltende Story auf die Leinwand zu bringen. Denn obwohl viel passiert und sich die Handlungsorte sowie die Figuren schnell verändern, ist der Film ein rundes schönes Ganzes. Besonders den Spannungsbogen vermögen die drei Inszenatoren, trotz der ewigen Wechsel, konstant zu steigern. Obschon am Anfang vielleicht viel vom Publikum abverlangt wird, ist es möglich, sehr rasch Fuss zu fassen und die unterschiedlichen Charaktere und Handlungsstränge zuzuordnen. Unterstützt wird dies dadurch, dass die Epochen sich stark voneinander unterscheiden und die Stories und Figuren mit der Zeit klar einzugliedern sind. Lobenswert ist insbesondere die Liebe zum Detail. Obgleich der Umfang an benötigten Requisiten, Kostümen und Austragungsorten bei dieser Produktion immens war, wurde keine Mühe gescheut, aus allen Geschichten das Grösstmögliche herauszuholen. So überzeugen alle Stories, bis auf die postapokalyptische Erzählung, die leider durch zu viel Klischee und Unoriginalität aus der Reihe tanzt.
Ungeachtet dessen bleibt der Film äusserst anspruchsvoll und bietet von komödiantischen Szenen über Verschwörungstheorien bis zu traurigen Liebesgeschichten und starker Sci-Fi Action alles, was einen grauen Wintertag in ein buntes Abenteuer verwandelt.
- Cloud Atlas (USA 2012)
- Regie & Drehbuch: Tom Tykwer, Andy & Laura Wachowski
- Buchvorlage: David Mitchell
- Besetzung: Tom Hanks, Halle Berry, Jim Broadbent, Ben Whishaw, Jim Sturgess Susan Sarandon, Hugh Grant, Hugo Weaving
- Dauer: 172 Minuten
- Kinostart: 29. November 2012