Sein Glitzer strahlt heller als Liebe

Movie-Kritik: Liberace
Bildquelle: 
Tmdb.pro

Zugegeben: Es ist nicht jedermanns Wunsch, Matt Damon und Michael Douglas beim intimen Liebesspiel zuzusehen. Doch wer diesem Aspekt nicht allzu grosse Beachtung schenkt, entdeckt einen erstaunlich sensiblen und witzigen Film. Im Zentrum steht Michael Douglas, der den flamboyanten Las-Vegas-Show-Star Liberace verkörpert. Diese doch eher ungewöhnliche Rolle meistert der Altschauspieler grossartig. So gut, dass er über lange Strecken im Film überhaupt nicht als Michael Douglas auffällt. Mit dunklen Haaren und einer grossen Portion Glitzerkleidung und Selbstbräuner, stellt er den homosexuellen Sänger sehr klischeehaft, aber trotzdem 100% überzeugend dar. Liberace war in den Vereinigten Staaten ein beliebter und berühmt-berüchtigter Entertainer. Der Film fängt 1977 an und begleitet den jungen Scott Thorson (Matt Damon), wie er Liberace nach einer Vorstellung im Backstage-Bereich kennen lernt.

 

Bild 1: Douglas blüht in der Rolle von Liberace förmlich auf. / Bild 2: Liberace und Scott Thorson in Liberaces Villa. (Mit Maus über Bild fahren)

 

Wie die Geschichte weitergeht ist keine grosse Überraschung. Manchmal im Vordergrund und dann wieder im Hintergrund nuanciert Regisseur Steven Soderbergh («Magic Mike», «Ocean’s Eleven») feine Anspielungen darauf, wie Liberace mit seinem Lebenselixier – jungen Adonissen – umgeht. So dauert es nicht mehr lange bis auch Scott Liberace, dem Luxus und den dazugehörigen Diätpillen verfällt. Aufgrund Liberaces grosser konservativer Fanbasis, bestehend aus Hausfrauen & älteren Damen, ist ein Coming-Out nicht möglich, wodurch Scott von Liberace als sein potentieller Adoptivsohn vermarktet wird. Gepaart mit einigen sexuellen Problemen (ja, interessant nicht? Sonst scheinen in Filmen nur heterosexuelle Paare davon betroffen zu sein) zeigt sich so langsam das Ende von Scotts Aufenthalt in Liberaces Schloss ab. Doch anders als seine Vorgänger besteht Scott auf einer Abfindung.

 

Bild 1: Liberace und Scott in einem ruhigen Moment ihrer Beziehung. / Bild 2: Scott mit Bob Black in einer Bar.

 

Die Geschichte beruht auf einer Autobiographie von Scott Thorson. Die dargestellten sexuellen Probleme können also mit einem gewissen Schmunzeln zur Kenntnis genommen werden. Sowieso sollte der Film nicht zu ernst gemeint sein. Dass wird immer wieder mit erstaunlich klassischen Gay-Szenarien und -Streitigkeiten kommuniziert. Diese Momente erhalten aber aufgrund des gelungenen Drehbuchs von Richard LaGravenese («The Bridges of Madison County», «Horse Whisperer») eine überraschende Faszination, die keinerlei Hohn duldet. Neben Damon und Douglas besticht auch Rob Lowe als Plastischer Chirurg mit einer skurrilen und starken Leistung, die in bester Erinnerung bleibt. Den Darstellern schien der Dreh Spass gemacht zu haben. Dafür wurde zumindest Douglas an der diesjährigen Emmy-Verleihung auch ausgezeichnet. Warum der Film einen amerikanischen TV-Preis erhielt? Nun ja, die Suche nach mutigen Filmverleihern erlief weniger erfreulich als gewünscht. Schliesslich war nur der Pay-TV-Sender HBO bereit, den Film zu finanzieren. Ob die hiesigen Verleiher für ihr Wagnis belohnt werden, den Film ins Kino zu bringen, wird sich zeigen. Der Film startet in einem ohnehin starken Kinomonat und besitzt kein klares oder grosses Zielpublikum. Eine wunderbare Show legt er aber auf alle Fälle ab.

 

  • Liberace (USA 2013)
  • Besetzung: Michael Douglas, Matt Damon, Rob Lowe
  • Regie: Steven Soderbergh
  • Drehbuch: Richard LaGravenese
  • Autobiographie: 
  • Dauer: 118 Minuten
  • Ab 10 Oktober im Kino

 

Tanja Lipak / Mi, 09. Okt 2013