Seelenloses Geisterreich

Movie-Kritik: Ghostbusters
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© Sony Pictures Releasing International.

Erin steht kurz davor, einen Lehrstuhl als Professorin an der Uni zu ergattern. Leider verfasste sie Jahre zuvor mit ihrer Schulfreundin Abby ein Buch über Geister, und dieses droht ihren Ruf als Wissenschaftlerin zu ruinieren. Verzweifelt bittet sie Abby, die mit Physikerin Jillian noch immer dem Paranormalen hinterherforscht, den Band vom Netz zu nehmen. Abby willigt ein – unter der Bedingung, dass Erin sie auf einer Geisterjagd begleitet. Noch ahnen sie nicht, dass dies erst der Beginn einer langen Reihe von Sichtungen ist, welche darauf abzielt, die Grenze zum Jenseits herniederzureissen. 

 

Um diesen Film wirklich zu verstehen, muss man seine unglaubliche Entstehungsgeschichte kennen, welche durch den Email-Hack von Sony Pictures publik wurde und aufzeigt, dass «Ghostbusters 2016» von Anfang an unter schlechten Sternen stand. Nach dem Kassenschlager «Ghostbusters II» von 1989 setzte insbesondere Darsteller Dan Aykroyd alles daran, einen dritten Teil in die Kinos zu bringen. Ausser Bill Murray standen alle Mitwirkenden der Idee wohlwollend gegenüber, und ohne den Tod von Geisterjäger Harold Ramis 2014 wäre der Film wohl zustande gekommen. Zu jenem Zeitpunkt begriff man bei Sony, wo bis anhin wenig Interesse an einem weiteren Film bestanden hatte, welches Potential der Serie nach wie vor innewohnte.

 

Der Ursprung des Dramas

 

Die damalige Firmenchefin, Amy Pascal, hatte jedoch nicht die Absicht, erneut Originalregisseur Ivan Reitman zu engagieren und ekelte ihn kurzerhand aus dem Projekt, um Paul Feig auf den Regiestuhl zu hieven. In ihm fand Feministin Pascal den geeigneten Partner, weil Feig mit Vorliebe bekundete, wie sehr ihm jegliche Form von Maskulinität zuwider war. Doch dazu später. Mit der Veröffentlichung des ersten Trailers Anfang Jahres nahm das Drama seinen Lauf: Das Video wurde zum meistgehassten YouTube-Filmclip aller Zeiten – weil es laut Publikum jeglicher Komik und Originalität entbehrte. Um einen drohenden Flop abzuwenden, griff Sony zu einem fiesen Trick. Man löschte kurzerhand sämtliche Kommentare, die vernünftige Kritik äusserten und beliess lediglich jene, die sich über die pure Idee echauffierten, die Hauptrollen mit Frauen zu besetzen. Jegliche Form von Kritik wurde dadurch Sexismus gleichgesetzt, und selbst Feig und McCarthy beteiligten sich an dieser Hexenjagd, indem sie Fans auf Twitter und im TV aufs Übelste beschimpften. 

 

Die Geisterjägerinnen vor dem kultigen Logo. (© Sony Pictures Releasing International. All Rights Reserved.)

 

Doch das Problem dieses Films liegt nicht primär bei den Schauspielerinnen. Paul Feig ist dafür bekannt, gewohnte Genre-Schablonen mit subversivem Humor auf den Kopf zu stellen. Eine Qualität, die bei der Fortsetzung einer so etablierten Franchise komplett fehl am Platz ist. Nehmen wir Mel Brooks «Star Wars»-Verballhornung «Spaceballs» von 1986 als Beispiel einer gelungenen Parodie. Obwohl dies einer der lustigsten Filme ist, hätte der Spass aufgehört, wenn man «Spaceballs» offiziell zum neuen «Star Wars» erklärt hätte. Und genau dies ist bei «Ghostbusters 2016» der Fall. Feig, der Reitmans Drehbuch verwarf, weil er angeblich etwas komplett Neues aufbauen wollte, bedient sich schamlos bei den Originalen, ohne ihnen Respekt zu zollen. Er leugnet gar deren Existenz und fand nicht mal eine Widmung für Ramis, dem die Welt diese Franchise überhaupt erst verdankt. Tatsächlich ist dieser Film viel eher an die Zeichentrickserie «The Real Ghostbusters» angelehnt. Jede einzelne Charaktere ist eine blutlose Karikatur. 

 

Viele Witze, keine Lacher

 

Stellt sich die Frage, welches Genre dieser Streifen bedient. Eine Komödie ist es nicht. Während der gesamten Laufzeit musste ich kein einziges Mal lachen, geschweige denn schmunzeln. Gegruselt habe ich mich kaum und ein Science-Fiction-Abenteuer ist es ebenfalls keines. Wenn die Geisterjägerinnen mit absurder Wortwahl unentwegt über ihre Gerätschaften sprechen, die allesamt aus dem Media Markt zu stammen scheinen, wirkt selbst das Technobubble in «Star Trek Voyager» wie leichte Sprache. Nicht einmal die Gastauftritte der originalen Truppe kann die Wertung steigern, was vielleicht daran liegt, dass Sony sie unter Androhung rechtlicher Schritte dazu verknurrte. Wer etwas wirklich Gruseliges sehen möchte, schaue sich den gemeinsamen Auftritt der Ensembles bei Jimmy Kimmel an. 

 

Die grosse Ironie von «Ghostbusters 2016» liegt darin, dass man monatelang eine Kampagne fuhr, die jegliche Vorbehalte der Frauenfeindlichkeit bezichtigte, nur um festzustellen, dass alle Männer in diesem Griff nach dem schnellen Geld ausnahmslos Hohlköpfe und Charakterschweine sind. Frauen künftig mehr Hauptrollen zuzuweisen ist ein nobles, unterstützungswürdiges Ansinnen, doch wirken Frauen nicht stärken, wenn man sie gegen Deppen antreten lässt, und es soll gesagt sein, dass kein Männerteam dieses Drehbuch hätte retten können. 

 

 

«Ghostbusters 1984» und «Ghostbusters 2016» sind beides Filme die – aus komplett unterschiedlichen Gründen – niemals hätten existieren dürfen, und darum ist auch nur einer davon ein Glücksfall. 

  • Ghostbusters (USA 2016)
  • Regie: Paul Feig
  • Drehbuch: Paul Feig, Katie Dippold
  • Darsteller: Melissa McCarthy, Kristen Wiig, Kate McKinnon, Bill Murray, Leslie Jones
  • Budget: 144 Millionen US-Dollar
  • Laufzeit: 116 Minuten
  • Deutschschweizer Kinostart: 4. August 2016

 

Mike Mateescu / Do, 04. Aug 2016