Familienfest auf Französisch

Moviekritik: Le Prénom
Bildquelle: 
www.pathefilms.ch / © Jean-Claude Lother

Frankreichs Vorzeige-Schauspieler Patrick Bruel ist in der Rolle als Vincent Bruder, Mann, Freund und Schwager zugleich. Als er mit seinem Bruder Vincent und den anderen Gästen auf das von seiner Schwester versprochene marokkanische Buffet wartet, brechen aus einem Scherz über den Vornamen seines ungeborenen Kindes jahrelange Familienprobleme auf, was zur Folge hat, dass jeder der Anwesenden sein Fett wegbekommt. Beim orkanartigen Sturm, der dabei aufzieht, steht mehr als einmal die Frage im Raum - dabei spielt der ganze Film praktisch in nur einem einzigen Raum - ob die Beteiligten wieder unversehrt aus dem Sturm hervorgehen. Gibt es ein Zurück, wenn gewisse Dinge erst ausgesprochen sind?

 

 

Ich muss zugeben, Theaterverfilmungen sind eine heikle Angelegenheit. 

Persönlich habe ich ja ein Faible für die Bühnendramatik, die von solchen Projekten ausgeht. Als ich François Ozons «8 Femmes» sah, begann meine hohe Meinung erste Blüten zu tragen und tatsächlich ist es eine Mischung aus Skepsis und Spannung, mit der man eine solch delikate Aufgabe angeht. «Le Prénom» jedoch meistert diese Hürden mit Bravour. Im Kino wurden Tränen gelacht; Man ist sich also einig, dass dieser Film dem wellenschlagenden Erfolg des gleichnamigen Bühnenstückes mehr als nur das Wasser reichen kann.

 

Was ist das Spezielle, an einem aus den Fugen geratenen Familienkrach, welcher lediglich an einem Ort, in nur einem Raum spielt und dabei ganz normale Menschen der Pariser Mittelschicht porträtiert? Vielleicht kann man es so sehen, dass es einem soziologischen Experiment ähnelt. Wie verhalten sich Menschen, die mit wilder Entschlossenheit darauf bedacht sind, den Hausfrieden unter vorgehaltener Diplomatie zu verteidigen, wenn sie sich in die Enge getrieben fühlen. Plötzlich siegt der Drang, in dem ganzen Chaos sein eigenes Anliegen an erster Stelle festzukrallen.

 

 

Und vielleicht liegt es ja daran, dass der Film von den gleichen Regisseuren umgesetzt wurde, die auch das Theaterstück inszenierten, an den glaubhaften Schauspielern, der fast unheimlichen Detailliebe und am einzigartigen Erzählstil, dass «Le Prénom» so gut funktioniert. 

Französisches Kino auf höchstem Niveau ist das Wechselspiel zwischen Bauchkrämpfen verursachendem Lachen und berührendem Mitleiden.

Sind das vielleicht die magischen Zutaten zum Film, den man diesen Sommer einfach gesehen haben muss?

 

  • Le Prénom
  • Regie: Alexandre de La Patellière und Matthieu Delaporte

  • Darsteller: Patrick Bruel, Charles Berling, Valérie Benguigui, Judith El Zein, Guillaume De Tonquédec
  • Länge: 107 Minuten
  • 
Kinostart: 18. August 2012

 

© Copyright : Jean-Claude Lother

Angel Schmocker / So, 12. Aug 2012