Ein Tierfreund und sein magischer Koffer
Newt Scamander (Eddie Redmayne) erreicht in den 1920ern New York. Er kommt von einer langen Weltreise, auf der er die seltensten und exotischsten Fabelwesen gefangen hat, die er nun in seinem Koffer mitträgt. Aus diesem schlecht gesicherten Koffer entkommen einige der Wesen durch eine Reihe von unglücklichen Zufällen. Zusammen mit dem Muggel Jacob (Dan Fogler) und der degradierten Aurorin Tina Goldstein (Katherine Waterston) versucht er, die Tiere wieder einzufangen, bevor ihnen etwas zustösst. Gleichzeitig wird von einem Beauftragten des amerikanischen Zaubereiministeriums (Colin Farrell) ein Unheil untersucht, das in New York umhergeht und auf schwarze Magie hindeutet.
Fünf Jahre sind vergangen, seit der letzte «Harry Potter»-Film in den Kinos zu sehen war. Nicht nur Warner Bros. scheinen nach mehr Magie zu hungern: In diesem Sommer erst wurde das Theaterstück «Harry Potter und das verwunschene Kind» mit grossem Erfolg veröffentlicht. J.K. Rowling hat bereits vier Fortsetzungen zu «Fantastic Beasts» bestätigt und schreibt hier zum ersten Mal das Drehbuch selbst.
Newt Scamander und sein Koffer. (© 2016 Warner Bros. Ent. All Rights Reserved. Harry Potter and Fantastic Beasts Publishing Rights © JKR.)
Die Entscheidung, eine unabhängige Vorgeschichte zu erzählen, entpuppt sich als klug: Der Film kann sich auf ganz neue Figuren konzentrieren, ohne Harry Potter oder Lord Voldemort erwähnen zu müssen, da diese zu jener Zeit noch nicht existierten. Der letztjährige Oscar-Gewinner Eddie Redmayne überzeugt in der Rolle des neu eingeführten Newt Scamander, der die Welt auf die Schonung und den Schutz der Tierwelt aufmerksam machen will. Die meisten Nebenfiguren sind jedoch leider etwas langweilig. Jacob, der als nicht-Magier, dem Zuschauer wohl am nächsten sein sollte, wird oft auf ein Slapstick-Requisit reduziert. Tina Goldstein ist durch das Mysterium, das ihre Degradierung umgibt, ein wenig interessanter. Die Auflösung dieses Geheimnisses enttäuscht aber leider. Faszinierender ist hingegen ihre gedankenlesende Schwester Queenie (Alison Sudol), die jedoch nur für wenige Szenen zu sehen ist.
Magie in der Zeit von Harry Potters Vorfahren zu zeigen ist ein spannender Ansatz. Die Zeit ist nicht schlecht porträtiert, auch wenn man meistens mehr das Gefühl hat, dass die Schauspieler auf einem Set stehen, als im New York Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts. Leider sieht man im Film nicht allzu viel tatsächlich von den Figuren gezauberte Magie. Die Zweikämpfe lassen sich an einer Hand abzählen und die für die magische Welt so charakteristischen hintergründigen, lässigen Zauber bleiben mehrheitlich ebenfalls aus. Newt bedient sich für magische Hilfe lieber seiner Fabelwesen. Das ist nicht nur eine interessante Neuerung, sondern auch schön anzusehen: Das grosse Budget des Films zeigt sich besonders in den Momenten, in denen seinen Tiere in Aktion sind. Daraus besteht auch die beste Szene des Films: Eine Tour des Tierfreaks Newt durch den Koffer seiner Sammlung.
Was versteckt sich alle in Scamanders Koffer? (© 2016 Warner Bros. Ent. All Rights Reserved. Harry Potter and Fantastic Beasts Publishing Rights © JKR.)
Newts Aufgabe, die skurrilen Wesen wieder einzufangen, ist unterhaltsam anzusehen, auch wenn die konstante Suche eine etwas fantasielose Motivation für die Figur ist. Dem wirkt das Drehbuch entgegen, indem es die schwarze Magie eines Unbekannten zeigt, die New York heimsucht. Auch diese Auflösung ist aber eher fad.
Der grösste Fehler des Regisseurs ist aber die tonale Unsicherheit. Die Filmemacher scheinen keine Ahnung zu haben, ob sie den Film an Kinder, Jugendliche oder Erwachsene richten wollen. Dabei merkt man immer genau, welche Szene für welche Bevölkerungsgruppe gestaltet wurde. Die Mischung aus Humor, Magie und Abenteuer, die Regisseur Yates selbst in vier «Harry Potter»-Filmen zuvor schon geglückt ist, funktioniert hier nicht. Teil des Problems ist die schon erwähnte forcierte Mischung zweier Storylines, die einfach nicht auf natürliche Weise zusammenpassen. So wirken sowohl Slapstick-Momente als auch fast zu Horror neigende Szenen jeweils fehl am Platz. Langweilig wird einem trotzdem nicht, und wenn alles andere versagt, hat man immer noch Redmaynes schüchternen Charme.
«Fantastic Beasts and Where to Find Them» ist kein schlechter Film. Vor dem Hintergrund des Potter-Universums enttäuscht er aber. Unterhaltsam, es fehlt aber die Substanz. Brauchen wir vier Fortsetzungen?
- Phantastische Tierwelten und wo sie zu finden sind(UK 2016)
- Regie: David Yates
- Drehbuch: J.K. Rowling
- Darsteller: Eddie Redmayne, Katherine Waterston, Dan Fogler, Alison Sudol
- Laufzeit: ca. 133 Minuten
- Kinostart: 17. November 2016