Die in der siebten Hölle schmoren

Movie-Kritik: The Program
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© Impuls Pictures AG

Der junge Triathlet Lance Armstrong (Ben Foster, «Todeszug nach Yuma») träumt vom grossen Aufstieg zum Radprofi, doch vorerst muss er ganz unten durch. Eine Hodenkrebserkrankung gefährdet sein Leben, und als er nach einer schwierigen Rekonvaleszenz endlich wieder im Sattel sitzt, ist er entschlossener denn je – selbst vor Medikamentenmissbrauch schreckt er nicht zurück. Allerdings ist da ein alter Bekannter, der ihm nicht abkaufen will, mit koscheren Mitteln vom Tagesfahrer zum Gipfelstürmer geworden zu sein. Reporter David Walsh (Chris O’Dowd, «The IT Crowd») geht mit seinem Misstrauen ein grosses Risiko ein, denn Armstrong zieht gegen jeden zu Felde, der seine Siege in Frage zu stellen wagt. Schliesslich erreicht er die Spitze des Erfolgs, aber je länger er dort oben verweilt, desto dünner wird die Luft, desto grösser die Angst, Sponsoren, Fans und Millionen Dollar zu verlieren. 

 

In Filmen wie «Philomena» oder «Die Queen» zeigte Regisseur Stephen Frears bereits, wie geschickt er aus dem wahren Leben gegriffene Geschichten auf die Leinwand zu bringen vermag. Dabei steht ihm diesmal mit Foster ein Schauspieler zur Seite, der durch sein Aussehen und sein Feuer der Intensität und dem Wahn Armstrongs vollends gerecht wird. Nicht selten glaubt man dem echten Lance zuzuschauen. Vielleicht hätte man gerne mehr über die Motivation der gefallenen Legende erfahren, doch betont Frears, dass es sich hierbei nicht eine Biographie handelt. Ihn reizten die Gaunereien, und darum dreht sich die Handlung hauptsächlich um die immer dreisteren Täuschungsmanöver. Doch findet auch Armstrongs gute Seite Erwähnung. Etwa seine Wohlfahrtsbemühungen oder die Inspiration, die er Millionen Menschen – zumindest mittelfristig – bedeutete. So schadete seine Enttarnung dem Radrennsport nicht wirklich. Eher rückte sie dessen Image zurecht. Schon in den Anfangsjahren wurden während der Tour de France ganz offen Kokain gerupft und Etappen ohne Not per Zugfahrt überbrückt. Und wenn sie nicht getestet wurden, dann dopen sie noch heute. Zu einem anderen Schluss kann man nach Ende dieses Films eigentlich nicht kommen. 

 

Ohne Schlenker schildert «The Program» die Eskapaden von Lügenbaron Armstrong. Kurzweilig wie ein Velo-Sprint und mitreissend wie eine Massenkarambolage. Freunde von Dramen, Thrillern und Spitzensport werden sich gut unterhalten. 

Wir konnten am Zurich Film Festival mit Hauptdarsteller Ben Foster und Regisseur Stephen Frears sprechen. Die Interviews gibt es hier:

 

- Interview: Ben Foster

- Interview: Stephen Frears

 

  • The Program – Um jeden Preis (UK, FR 2015)
  • Regie: Stephen Frears
  • Darsteller: Ben Foster, Lee Pace, Dustin Hoffman
  • Laufzeit: 103 Minuten
  • Deutschschweizer Kinostart: 8. Oktober 2015

 

 

Mike Mateescu / Di, 06. Okt 2015