Der Teenager und sein Roboter

DVD-Kritik: Baymax
Bildquelle: 
Disney Films

Mitten im fiktiven San Fransokyo (Mischung aus San Francisco und Tokyo) nimmt der hochintelligente Teenager Hiro an illegalen Roboterkämpfen teil. Dabei steuert er geschickt eine harmlos wirkende Figur, die jeden anderen Roboter mühelos besiegt. Dass er sich dabei Ärger einhandelt, ist kein Wunder, fühlen sich doch einige Roboterkämpfer auf den Schlips getreten und in der Ehre gekränkt. Also muss ihn sein Bruder Tadeshi gelegentlich im letzten Moment vor Prügeln bewahren. So kann es nicht weitergehen. Also bringt Tadeshi den hitzköpfigen und cleveren kleinen Bruder mit in sein Forschungslabor. Der grosse Bruder ist nämlich Robotertechniker und arbeitet an einem Gesundheitsroboter, der die Welt verändern soll. Plötzlich ist Hiro Feuer und Flamme und möchte unbedingt in die Fussstapfen seines Bruders treten. Also entwickelt er seinen Kampf-Roboter weiter und erfindet dabei die «Mini-Bots». Kleine, unspektakulär wirkende Metallteile, die er via Gedankenkontrolle so steuern kann, dass tausende von ihnen jede beliebige Form annehmen können. Bei der Präsentation der Erfindung, die Hiro einen Studienplatz an der Uni bringen soll, kommt es zu einem Unfall, ein grosses Feuer bricht aus und Tadeshi kommt darin ums Leben. Der Verlust des grossen Bruders wirft Hiro in ein tiefes Loch. Roboter interessieren ihn überhaupt nicht mehr und die Uni hat er geschmissen. Aber zum Glück ist da ja noch Baymax, der Gesundheitsroboter. 

 

Gemeinsam finden der weisse Roboter, der irgendwie an ein Marshmallow-Männchen erinnert, und Hiro heraus, dass seine «Mini-Bots» beim Feuer gar nicht verbrannt sind. Im Gegenteil. Offenbar hat sie jemand gestohlen, denn in einer verlassenen Fabrik produziert ein Automat in grossen Mengen von den wundersamen, kleinen Robotern. Sehr schnell findet Hiro heraus, dass ein Bösewicht in der Stadt ist, der Millionen von «Mini-Bots» kontrolliert. Er muss gestoppt werden, das ist für Hiro sofort klar. Also eilen ihm die Freunde seines Bruders zur Hilfe. Den vier saukomischen Mitstreitern verpasst Hiro witzige Spielereien, die sie zu Superhelden werden lassen, und Baymax bekommt ein Update, das sogar Iron Man vor Neid erblassen lassen würde. Mit technischen Gadgets und einer gewaltigen Portion Naivität ausgerüstet, ziehen die fünf Freunde und ihr Gesundheitsroboter in den Kampf. Doch hinter der Bedrohung steckt bedeutend mehr, als sie alle gedacht hätten. 

 

Superhelden mit viel Selbstironie

 

Disney kennt sich seit der Übernahme der Marvel-Studios bestens im Superhelden-Metier aus. Wieso also nicht einen Animationsfilm zum Thema produzieren und sich dabei gleich auch noch etwas selbstironisch auf den Arm nehmen? Denn, was vielen Superheldenfilmen fehlt, ist der Anspruch, sich nicht zu ernst zu nehmen. «Baymax» tut das nicht und das macht ihn so amüsant. Gespickt mit kleinen, aber liebevollen Seitenhieben und Zitaten auf das Superhelden- und Science-Fiction-Gerne bekommt man das Gefühl, dass hier «Fanboys» am Werk waren und keine Menschen, denen Dollarzeichen in den Augen leuchteten. Entstanden ist ein Film, der wohl den ganz Kleinen und den Kleingebliebenen am meisten Spass bereiten wird. Doch durch den sehr niveauvollen Humor ist der Film sicher für die ganze Familie sehenswert. Wenn zum Beispiel der knuffige Baymax nicht versteht, wie es in Hiro aussieht, aber durch seine Sensoren erkennt, dass die Hirnaktivität auf ein Problem hinweist, wirkt das im ersten Moment zwar durchaus witzig, macht aber im zweiten Augenblick auch deutlich, dass sich eine zarte Freundschaft zwischen Mensch und Maschine andeutet. Ein Thema, das im Gerne schon manches Werk beschäftigt hat. In «Baymax» gelingt es auf amüsante Weise, die philosophische Ebene einfliessen zu lassen. Dafür wurden die Macher mit einen Oscar für den besten animierten Film 2014 belohnt. Und die Konkurrenz war mit «Drachenzähmen leicht gemacht 2» nicht schwach. 

 

In den Credits taucht ein Name auf, der Animationsfans nicht unbekannt ein dürfte. John Lasseter. Er war massgeblich am Erfolg von Pixar beteiligt und hat bei Filmen wie «Toy Story» oder «Cars» bereits Regie geführt. Bei «Baymax» beschränkte er sich aber auf den Posten des ausführenden Produzenten und trotzdem schwingt der für ihn typische Humor mit. Die Regie übernahmen die beiden eher unerfahrenen Don Hall («Winnie Puh») und Chris Williams («Bolt») gemeinsam. Alle Beteiligten haben einen tollen Job gemacht und mit Baymax eine liebenswürdige Figur erschaffen, die für einen vergnüglichen Filmabend ideal ist. Es wäre daher kein Wunder, wenn nicht irgendwo schon an einer Fortsetzung gearbeitet würde. Hoffentlich dann wieder in so technisch lupenreinem 3D. 

 

«Baymax – riesiges Robowabohu» ist ab sofort auf Blu-Ray und in 3D erhältlich. Als eines von diversen Extras ist der ebenfalls preisgekrönte Kurzfilm «Liebe geht durch den Magen» auf der Disc enthalten. Auch er ist in der 3D-Version plastisch und sehr sehenswert. 

 

  • «Baymax» (USA 2014)
  • Regie: Don Hall und Chris Williams
  • Laufzeit: ca. 102 Minuten
  • Verkaufsstart: 28. Mai 2015

 

Patrick Holenstein / Mi, 27. Mai 2015