Der feminine Blick auf die Welt

Moviekritik: «Woman»
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© JMH Distributions

In 50 Ländern haben Anastasia Mikova und Yann Arthus-Bertrand über 2000 Interviews geführt. Entstanden ist ein Patchwork an Erzählungen von Frauen mit unterschiedlichen Lebenswegen.

 

Was bedeutet es im 21. Jahrhundert eine Frau zu sein? Ausgehend von dieser Frage haben Anastasia Mikova und Yann Arthus-Bertrand hunderte von Frauen in allen Ecken der Welt interviewt und berührende Porträts aufgenommen. Der Dokumentarfilm «Woman» zeigt Frauen jeden Alters, aus verschiedenen Ethnien, Arbeits- und Familiensituationen, mit unterschiedlichen sexuellen Präferenzen, Lebenserfahrungen, Zielen und Träumen.


«Der Film soll auch Männer ansprechen»

 

In 105 Minuten nimmt sich der Film Themen wie Mutterschaft, Gender und Geschlechteridentität, Sexualität und sexualisierte Gewalt, Krankheit, Familie, Arbeitsleben und Bildung an. «Das Publikum ist mehrheitlich weiblich», sagt die Regisseurin Anastasia Mikova in einer Fernsehsendung, als sie über «Woman» spricht. «Wir wünschen uns aber, dass dieser Film auch Männer anzieht. Frauen werden sich wahrscheinlich in der einen oder anderen Geschichte der interviewten Frauen wiedererkennen, für Männer hingegen könnte der Film viel Neues beinhalten. Wie offen die Frauen beispielsweise über ihre Sexualität sprechen, dürfte einige Männer überraschen.» Bewusst haben Anastasia Mikova und Co-Regisseur Yann Arthus-Betrand, der mit Dokumentarfilmen wie «Home» (2009) oder «Planet Ocean» (2012) bekannt wurde, in «Woman» darauf verzichtet, hauptsächlich die Gewalt, welche Frauen tagtäglich erleben, zu thematisieren. Mikova betont aber, dass in allen Interviews, die sie geführt habe, auffällig war, wie viele der Frauen auf der ganzen Welt, immer wieder verschiedenen Formen von Gewalt ausgesetzt sind. Frauen werden geschlagen, verstümmelt, gedemütigt, eingeschüchtert, vergewaltigt, verlassen, auch davon erzählt «Woman».

 

Mit Yann Arthus-Bertrands Bildsprache

 

Formal und inhaltlich erinnert der Film stark an Yann Arthus-Betrands Dokumentation «Human», in dem Anastasia Mikova als Regieassistentin mitgewirkt hat. Wie auch in «Human» werden die verschiedenen Gesichter in der Interview-Situation in Close-Ups gefilmt. Manchmal wechseln die Einstellungsgrössen bis hin zu Panorama. Diese Ausweitung des Blickfelds passiert jeweils, um die Frauen in ihrer natürlichen Umgebung zu zeigen. Und immer sind es eindrückliche Bilder, die der Zuschauer zu sehen bekommt – ganz in gewohnter Yann Arthus-Bertrand-Manier – etwa in einer Unterwassersequenz, in der eine Frau mit einem Wal schwimmt oder auf einem bunten Holi-Festival of Colors, wo Frauen ausgelassen zusammen tanzen. Diese Art der Kameraarbeit und Montage sind es, welche aus dem Film schliesslich eine Art Bestandesaufnahme der weiblichen Befindlichkeit des 21. Jahrhunderts und somit ein Zeitdokument machen. Trotz den zum Teil sehr traurigen Stimmen und schwierigen Themen, die der Film anspricht, schenkt er Hoffnung und Mut. Denn alle interviewten Frauen haben etwas gemein – sie haben schwierige Lebenssituationen gemeistert und sind gestärkt daraus hervor gegangen.

 

Der Film „Woman“ entstand in Zusammenarbeit mit diversen NGOs, die weltweit Frauen fanden, die bereit waren, vor der Kamera ihre Geschichte zu erzählen. Die Einnahmen aus dem Film gehen an WOMAN(s), eine Organisation, die Mädchen und Frauen dabei unterstützt, sich im Medienbereich auszubilden und in Medienberufen Fuss zu fassen. Anschauen!

 

Wem «Human» und «Woman» gefallen hat, darf vielleicht auf eine Trilogie hoffen und wird in ein paar Monaten mit dem letzten Teil «Man» überrascht.

 

  • Woman
  • Regie und Drehbuch: Yann Arthus-Bertrand , Anastasia Mikova
  • Laufzeit: 104 Minuten
  • Kinostart: 6. Juni 2020

 

textundbild.info / So, 21. Jun 2020