Blair Witch: die Hexe geht wieder um

DVD-Kritik: Blair Witch
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Manchmal frage man sich, ob die Rückkehr eines Kultfilms wirklich nötig ist. Und so viel vorn weg, ich war vor 17 Jahren ein Verfechter der Grundidee von «The Blair Witch Project». Die suggerierte Authentizität, die Found Footage damals hatte, war spannend. Als ich aber von der Fortsetzung hörte, blieb ich erst einmal vorsichtig optimistisch. Zuerst kurz zur kaum existenten Story. 

 

Der gesamte Film besteht aus Videomaterial, das im Black Hills Forest gefunden wurde. Jenem Wald eben, in dem 20 Jahre zuvor eine Gruppe Jugendlicher auf der Suche nach der Legende der Blair Witch verschwunden ist. Zu sehen ist darauf eine Dokumentation, die James und ein paar Freunde bei der Spurensuche zum zwei Jahrzehnte alten Fall zeigt. Damals ist nämlich James‘ Schwester verschwunden und nie wieder aufgetaucht. Als im Internet jedoch ein Video herumgeistert, das sie in einem Spiegel kurz zeigen soll, entschliesst sich James, auf in den Wald zu gehen. In der Region von Maryland angekommen, hoffen James und seine Freunde auf den Mann, der das Video gedreht hat. Der kann allerdings nicht viel sagen, will sich aber unbedingt gemeinsam mit seiner Freundin der Gruppe anschliessen und mit auf die «Jagd» gehen. Als die Gruppe in den Wäldern ankommt, passieren relativ schnell seltsame Dinge und mit der Zeit zweifeln die Freunde an ihrem Verstand. Geht tatsächlich eine Hexe in den Wäldern um?

 

Wer hat geschnitten? 

 

Das gesamte Material, aus dem der Film besteht, soll gefunden worden sein. Das erklärt zumindest eine Texttafel am Anfang des Film und das unterstreicht natürlich automatisch die Tatsache, dass etwas mit dem Filmteam geschehen sein muss, sonst wäre das Material ja nicht gefunden worden. Leider ist auch das eine der grossen Schwächen von Found-Footage-Filmen. Man kennt das Ende. Damit kann man sich ja noch arrangieren. Wieso aber ist der Film geschnitten? Die Schnitte sind dann auch so platziert, dass sie nicht durch an- bzw. ausschalten der Aufnahmegeräte entstanden sein können. Wer hat also den Film geschnitten? Das ist leider das Problem, dass diese Art von Horror-Filmen meistens haben. Natürlich kann man nicht 90 Minuten sinnlose und unscharfe Bilder zeigen, damit etwas Dramaturgie entsteht. Zudem würde eine Gruppe, die tagelang im Wald forscht, deutlich mehr Material erzeugen. Diese Punkte machen es «Blair Watch» sehr schwer. Dazu kommt, dass in den 17 Jahren seit dem immensen Erfolg von Teil 1 die weltweiten Filmkonsumenten eine Unmenge schlechte und nur ganz wenige gute Found-Footage-Filme sehen konnte und so das Gerne durch und durch kennt. Wenn man bedenkt, dass «The Blair Witch Project» für viele schon die Spitze der Kreativität in diesem Subgenre bildet, kann man eigentlich nur verlieren. 

 

An all diesen Problemchen krankt «Blair Witch» schon sehr. Allerdings muss man dann Regisseur Adam Wingard und seinem Team schon attestieren, dass sie technisch und kreativ ein paar Kniffs auspacken, die vor 17 Jahren noch nicht möglich gewesen wären. Etwa Drohnen, die neue Perspektiven und so auch ruhige Aufnahmen der Wälder ermöglichen, die je nach Laufzeit entweder die Ruhe vor dem Sturm oder eben etwas Entspannung verkörpern. Aber leider nur so lange diese im Einsatz sind, denn die Jugendlichen haben so viele Aufnahmegeräte dabei, dass mit allem möglichen Zeugs gefilmt wird. Auch sind winzige Kopfkameras heute nichts ungewöhnliches mehr. Technisch ist das glaubhaft. 

 

Technische Gadgets als Innovation 

 

Dazu gibt es etwas Hintergrund zur Legende aus dem Original und das wird durch das Nerd-Pärchen, das sich intensiv damit beschäftigt, glaubhaft verdeutlicht. Die Story ist zu seicht aufgebaut und macht etwas sehr deutlich, dass man sich auf dem grossen Namen ausruht. Der Verdacht, dass man es hier mit einem Film zu tun hat, der aus Marketinggründen gedreht wurde, kommt schnell auf. Was vor 17 Jahren beim Original noch innovativ und neu war, wirkt heute leider nur noch wie ein fader Aufguss. Das Problem bei Found-Footage-Filmen ist oft, dass ein rational denkender Mensch unter Lebensgefahr - und die wird hier massiv angedeutet - sofort die Kamera liegen lassen würde. Ok, die Clipcams an den Ohren untergraben dieses Argument, aber dann müssten die Kameras irgendwie vom Ohr entfernt worden sein. 

 

Sonst ist «Blair Witch» viel Geschrei und verwackelte Bilder, die eine wässrige Story auf 89 Minuten strecken und im Finale dann noch einen Fehler macht, den das stimmungsvolle Original nicht gemacht hat. «Mut zur Lücke» nennt man das. Ansonsten werden nur die Elemente, die das Original ausgemacht haben, wieder aufgewärmt. Das Original hat funktioniert, weil der Filmkonsument noch wenig Erfahrung mit Filmen dieser Art hatte und dazu eine Legende auf kreative Art über das ebenfalls noch relativ junge Internet aufgabaut wurde. Heute ist das anders und Drohnenkameras alleine können nicht darüber hinwegtäuschen. Wer mit Found Footage nicht so erfahren ist, wird sicher seinen Spass haben. Alle, die seit dem Original schon dabei sind, werden wenig Neues finden. 

 

Es bleibt ein blasser Versuch, mit einem bekannten Namen Zuschauer zu locken. Die Blair Witch hätte man besser ruhen lassen. 

  • Blair Witch (USA / Kanada 2016)
  • Regie: Adam Wingard
  • Darsteller: James Allen McCune, Callie Hernandez, Corbin Reed, Brandon Scott
  • Laufzeit: ca. 89 Minuten
  • Im Handel: ab Februar 2017

 

 

 

 

Patrick Holenstein / Di, 07. Feb 2017