Von Abgründen und schwarzem Humor

Lesung Helen Fitzgerald im Kaufleuten

Text von: Birgit Steinger-Sörensen

 

Helen Fitzgerald, die australisch-schottische Autorin, war nach Zürich angereist, um ihren neuesten Roman «Tod sei Dank» vorzustellen. Die Autorin hat viel zu erzählen, denn sie erlebte vor der Schreiberei einiges. Sie wurde 1966 als 12. von 13 Kindern geboren, war Sozialarbeiterin und hat im Strafvollzug mit den härtesten Tätern zusammengearbeitet. Die Beweg- und Abgründe des Menschen hätten sie immer interessiert, deshalb habe sie sich diesen Beruf ausgewählt. Doch nach jahrelanger Zusammenarbeit mit Straftätern hatte sie so viele Geschichten gehört, dass sie sich, durch diese angeregt, entschied, eigene zu schreiben.


Die Autorin wusste auch an ihrem Abend im Kaufleuten viel zu erzählen, doch leider wurde das gesamte Interview, mit Blas Ulibarri, ausschliesslich in Englisch gehalten. Obwohl im Programm eine deutsche Stimme angekündigt worden war, wurde nicht übersetzt. So kam es dann, dass nur wenige Literaturfreunde herzhaft lachten, bei den durchaus lustigen Pointen. Die ersten Besucher verliessen auch bald den nur zu drei Vierteln gefüllten Saal. Unterhaltung bot das Vorlesen aus Fitzgeralds neuestem Werk 
«Tod sei Dank». Hier wechselte sich die Autorin ab mit Esther Becker, diese las Passagen aus der deutschen Übersetzung.


Ein Roman durch alle Genres

 

«Tod sei Dank» ist ein Roman, der sich nicht leicht in ein Genre einordnen lässt. Er ist wie alle Romane dieser Autorin voll mit schwarzem Humor, welchen sie selbst dem ewig trostlosen Wetter in Glasgow zuschreibt. Er ist eine Familiengeschichte, Krimi aber auch Komödie. Genau diese Mischung scheint das Buch so spannend zu machen, denn er wird bereits als ihr bisher bestes Werk verkauft.

 

Der Roman handelt von den Zwillingsschwestern Georgie und Kay. Beide erkranken und brauchen dringend eine Spenderniere. Doch der alleinerziehende Vater hat nur eine zu vergeben. Die Mutter ist seit vielen Jahren verschwunden und mehr an Drogen, als an ihren Töchtern, interessiert. So kommt der Vater auf die abstruse Idee, eine Pro- und Contraliste zu erstellen, um herauszufinden, wem der beiden unterschiedlichen Töchtern er seine Niere spenden soll.


Bereicherung für jede Bibliothek


An diesem Abend gab es drei Vorleserunden, die allesamt lange dauerten. Es hatte zwar etwas, dem wunderschönen Englisch von Helen Fitzgerald und ihrer angenehmen Lesestimme zuzuhören, doch wenn man kaum etwas verstand, wurde es anstrengend. Zumal es danach immer wieder lange Interviewsequenzen gab, welche nur in Englisch gehalten wurden. So war es nicht verwunderlich, dass immer mehr Bücherfreunde leise den Saal verliessen.

Eine durchaus spannende Schriftstellerin, der ein Buch der besonderen Klasse gelungen ist. Wer das Buch noch nicht gelesen hat, der wurde an diesem Abend neugierig darauf. Es verwundert nicht, dass Fitzgeralds Werk auch in der Gefängnisbücherei zu finden ist.

Roman Rey / Fr, 24. Feb 2012